Die Abgeordneten des Bundestages stecken in Erklärungsnot. Bis 2015 konnten sie sich einreden, Deutschland wäre gut organisiert. Dieses Selbstbild erwies sich als Selbstbetrug. 2015 zeigte die Zuwanderung, dass die Verwaltung in Krisen nicht leistungsfähig ist. 2020 zeigte die Corona-Seuche, dass die Abgeordneten ihre eigenen Pandemiepläne von 2013 nicht umgesetzt hatten. Heute zeigt der Ukraine-Krieg: Die Abgeordneten haben das Land schutzlos gemacht und Putin in die Karten gespielt.


Um neun Jahre überzogen

Der Berliner Flughafen ist ein Paradebeispiel dafür, wie sich der Wohlstand des Landes mit der Torheit seiner Abgeordneten verhängnisvoll verband. Die Bundesregierung und die beiden Landesregierungen von Brandenburg und Berlin, die Bauherren des Flughafens, warfen das Geld mit vollen Händen aus dem Fenster und pfuschten herum, was das Zeug hielt.

Ihre Misswirtschaft begann bei der Planung. Von sieben geprüften Standorten wählten sie den schlechtesten. Für die Planung brauchten sie ein volles Jahrzehnt. Die Bauzeit sollte fünf Jahre dauern. Diese Zeitspanne überzogen die Abgeordneten um neun Jahre.

Die drei Regierungen und ihre Parlamente trieben auch die Baukosten in die Höhge. Sie sprangen von zwei Milliarden auf sechs Milliarden Euro, und es reicht immer noch nicht. Knapp eineinhalb Jahre ist der Airport nun in Betrieb. Um ihn aufrecht zu erhalten, braucht er für die nächsten Jahre weitere 1,9 Milliarden Euro.

Atomraketen auf Westeuropa

Der Pfusch am Flughafen ist kein Einzelfall. Ähnlicher Pfusch findet sich bei vielen Bauten der öffentlichen Hand. Er ist so gut wie nichts im Vergleich zu jenem Desaster, das die Bundestagsabgeordneten in der Sicherheitspolitik anrichteten. Mit Fehlentscheidungen, Fehleinschätzungen und Versäumnissen brachten sie es fertig, Deutschland und Europa unsicher zu machen.

Deutschlands mangelnder Verteidigungswille trug dazu bei, Russlands Diktator Putin zu ermuntern, Krieg gegen die Ukraine zu führen. Er will sie Russland einverleiben. Mit dem Angriff gegen die Ukraine und über ihn hinaus will er die NATO aus den ehemaligen Staaten des Warschauer Paktes vertreiben und auch noch die USA aus Europa verdrängen.

Sein Vorhaben versucht Putin mit Gewalt durchzusetzen. Schon vor vielen Jahren begann er mit dem Krieg. Er ging in Etappen vor.  2008 griff er Georgien an, 2014 besetzte er die Krim und die Ostukraine. Auf Westeuropa richtete er seine Atomraketen.

Sich zielstrebig abhängig gemacht

Die Bundestagsabgeordneten sahen keinen Grund, sich von Putins Machenschaften beeindrucken zu lassen. Während er seine Aggressionen im Ausland und seine Repressionen im Inland ständig steigerte, zogen Deutschlands Abgeordnete ihre Zipfelmützen über Augen und Ohren. Sie nahmen die Bedrohung nicht wahr, und wenn doch, dann nicht ernst. Man könnte meinen, im Bundestag gilt das Wegschauen als eine der größten Tugenden.

Die Abgeordneten sahen schon nicht hin, als der ehemalige Geheimdienstchef Putin zu Beginn seiner ersten Präsidentschaft begann, die Justiz zu korrumpieren. Mit ihrer Hilfe ließ er viele Zehntausend Unternehmer inhaftieren und durch Mitarbeiter der Geheimdienste ersetzten.

Diese Schicht von korrupten Profiteuren bildet neben der Justiz und dem Sicherheitsapparat den dritten Pfeiler, auf den sich der Despot Putin stützt. Die riesige Korruption, mit der er Leuten aus dem Sicherheitsapparat zu Geld und Macht verhalf, war kein Geheimnis.

Ein Exempel statuiert

Der Oligarch Chodorkowski prangerte Anfang des Jahrhundert die wuchernde Korruption öffentlich an und forderte Putin auf, sie zu beenden. Chodorkowski hatte ausgerecht den ermuntert, die Korruption zu bekämpfen, der sie verursachte, praktizierte und von ihr profitierte.

Chodorkowski wurde enteignet und verschwand für ein Jahrzehnt hinter Gittern. Das alles spielte sich auf der offenen Bühne ab. Putin statuierte ein Exempel. Es hielt die deutschen Abgeordneten und die deutschen Unternehmer nicht davon ab, mit Putin und seiner Clique groß ins Geschäft zu kommen.

Es gab auch dem SPD-Bundeskanzler Schröder nicht zu denken. Er suchte sogar auf gerast kindliche Weise die enge Freundschaft mit Putin. Die wirtschaftliche und politische Elite der viertgrößten Wirtschaftsnation der Welt ging zielstrebig daran, sich von dem korrupten russischen Diktator und den Öl-, Gas- und Kohleimporten aus Russland immer abhängiger zu machen.

In die Sackgasse manövriert

Heute tötet Putins Machtapparat in der Ukraine Zivilisten. Er zerstört Infrastruktur, löst eine riesige Fluchtbewegung in den Westen aus und bedroht Westeuropa mit einem Atomschlag. Derweil finanziert Deutschland mit anderen EU-Ländern Putins Herrschaftssystem, dessen Kriegsverbrechen und deren schreckliche Folgen über den Import von Öl, Gas und Kohle.

Die Abgeordneten haben Deutschland an den russischen Energieimport gebunden. Sie nahmen Deutschland die Möglichkeit, Putins Einnahmen drastisch zu reduzieren und die Kriegsverbrechen des Diktators zu erschweren. Die Abgeordneten haben sich und Deutschland in die Sackgasse manövriert.

Da sie es unterließen, den Bezug von Energie breit zu streuen, müssten die Bürger mit Energiemangel und noch höheren Preisen fertig werden, würde Putin der Geldhahn zugedreht. Dieser Schritt träfe nicht nur Putin. Er würde auch viele deutsche Unternehmen stilllegen. Will Deutschland dem Kriegsverbrecher Putin schaden, würde es sich selbst schaden. Weil es das nicht will, kann sich Putin darauf verlassen, dass diejenigen, denen er in der EU und der NATO mit seinem Krieg gegen die Ukraine schaden will, seine Kriegsverbrechen dort weiterhin finanzieren.

Grandiose strategische Fehlleistung

Gegen den Rat und die Warnungen vieler Fachleute hat sich das zweitgrößte NATO-Land Deutschland aus purer Profitgier an den NATO-Feind Putin gefesselt. Diese grandiose strategische Fehlleistung haben die Bundestagsparteien CDU/CSU, SPD, FDP und die Grünen zu verantworten.

Sie haben seit Beginn der Ära Putin in Deutschland regiert. Heute wollen führende Politiker nicht daran erinnert werden, dass sie sich bis wenige Tage vor Putins Einfall in die Ukraine dafür aussprachen, den Energiebezug aus Russland sogar noch kräftig zu steigern.

Den Politikern der Ampel-Koalition ist es unangenehm, wenn der große Anteil ihrer Parteien und Politiker am Ukraine-Krieg, an der energiepolitischen Abhängigkeit von Russland und der sicherheitspolitischen Unbeweglichkeit gegenüber Putin öffentlich thematisiert wird.

Die Glaubwürdigkeit verloren

Während in der Ukraine Menschen ihr Leben für Freiheit und Demokratie opfern, war die Ampel-Koalition im deutschen Parlament nach der Rede des ukrainischen Präsidenten Selenskyj nicht einmal bereit, über dessen Anmerkungen zu diskutieren. Diese Politiker haben Deutschland in die Klemme gebracht. Sie wissen genau, dass sie an Glaubwürdigkeit verloren haben. Sie fürchten, dass der Verlust zur Sprache kommt und ihnen dann schadet.

Die Bürger könnten fragen: Wie können ausgerechnet jene, die den Schaden angerichtet haben, behaupten, sie könnten ihn reparieren? Schon aus Respekt vor den Opfern des Putin-Krieges wären im Bundestag längst Eingeständnisse des Versagens fällig, und dann auch der eine oder andere Rücktritt. Die Unionsabgeordneten scheinen immerhin bereit, über ihre Fehler zu reden.

SPD-Kanzler Scholz zeigt diese Bereitschaft nicht. Er gehört zur Riege der Weggucker. Unter Merkel war er Minister und Vize-Kanzler. Er trägt Mitverantwortung für das Putin-Desaster in der Ukraine und in Deutschland. Scholz sucht heute sein Heil im Wegducken. Um von seinen Unterlassungen abzulenken, rief er eine „Zeitenwende“ aus. Er propagiert, nach vorne zu schauen. Er will sein Versagen durch Aktivitäten überspielen, die er zu Großtaten aufbläst, obwohl sie selbstverständlich sind und nur fahrlässig Versäumtes nachholen: Die Bundeswehr soll verteidigungsfähig werden. Demokratien, die um ihr Überleben kämpfen, sollen künftig Waffen erhalten.

50 Milliarden pro Jahr für Schrott

Scholz versucht nicht nur zu vertuschen, dass die Energiepolitik, die er mittrug, in die falsche Richtung lief und dass Putin, den er über Jahre akzeptierte, sträflich verharmlost wurde. Scholz beging mit vielen Abgeordneten noch einen dritten kapitalen Fehler. Pro Jahr bewilligten sie der Bundeswehr 50 Milliarden Euro, ohne sich um den Nutzen dieses hohen Betrages zu kümmern. Im Umgang mit dem Militär machten sie sich weltweit zum Gespött.

Den Soldaten fehlen Munition, Waffen, Ersatzteile, Ferngläser, Helme und sogar warme Unterhosen. Seit Jahren klagen sie über fehlendes und fehlerhaftes Material. Die Abgeordneten hörten weg. Seit Putins Angriff lässt sich nicht länger verbergen, dass die Bundeswehr unfähig ist, das Land zu verteidigen. Generale befinden, sie stehe „blank“ da: Deutschland gab 50 Milliarden Euro pro Jahr aus für Schrott und das Gehalt der Schreibstuben-Krieger, die den Schrott beschafften und ihn verwalten.

Scholz will die Löcher bei der Bundeswehr mit 100 Milliarden Euro rasch stopfen. Dass ihm dieser Plan gelingt, ist nach aller Erfahrung zu bezweifeln. Bei der Bundeswehr geht so gut wie gar nichts rasch. Ihr Beschaffungswesen gilt als Moloch. Ohne tiefgreifende Reformen im üppigen Apparat der Bundeswehr werden die zusätzlichen Finanzmittel wohl zum großen Teil wie bisher versickern.

Noch immer nicht pannenfrei

Dass es in der Bundeswehr zeitnah zu Reformen kommt, kann man getrost ausschließen. Die Bundestagsabgeordneten sind reformträge. Sie schaffen es seit Jahren nicht, den stetig anschwellenden Bundestag zu reformieren. Die Reformfaulheit hat längst absurde Züge angenommen. Die Abgeordneten nehmen sie schamlos hin. Hätte China so viele Abgeordnete pro Einwohner wie Deutschland, müssten in China Parlament 12.500 Abgeordnete sitzen.

Wie es mit der Leistungskraft der deutschen Abgeordneten bestellt ist, zeigt sich exemplarisch am Schützenpanzer Puma. Er sollte drei Millionen Euro kosten. Bei der Übergabe 2015 kostete er mehr als 12 Millionen Euro. Einsatzfähig war er nicht. Er musste mehrfach nachgerüstet werden.

Die „Rheinische Post“ geht davon aus, dass ein Exemplar des Puma heute etwa 25 Millionen Euro kostet. Für den Kauf einer größeren Stückzahl ist er zu teuer. Er ist immer noch nicht pannenfrei. Nach dem jüngsten Bundeswehrbericht ist er für die NATO unbrauchbar. Die NATO-Partner bevorzugen Schwedens Schützenpanzer. Er kostet weniger als fünf Millionen Euro und soll, man lese und staune, einsatztauglich sein.

Kriegsverbrechen finanziert

Im Krieg gegen Putin erweist es sich auch als Fehler, dass die Abgeordneten im Unterschied zu ihren Kollegen in anderen EU-Küstenländern versäumten, Terminals für Flüssiggas zu errichten. Die Abgeordneten hielten sie bis zum Ukraine-Krieg ökologisch und ökonomisch für fragwürdig. An Europas Küsten gibt es zwei Dutzend dieser Terminals, in Deutschland keinen. Dort sind die Bedingungen für den Bau so stark reguliert, dass sie Investoren abschreckten, sich zu engagieren. Heute werden die Terminals schmerzhaft vermisst.

Nachteilig wirkt sich auch aus, dass Deutschland aus Kernkraft und Kohle ausstieg. Der Ausbau erneuerbarer Energieträger hält mit dem Ausstieg nicht Schritt. Nun hängt die deutsche Politik auf Putins Erdgas fest. Schon diskutieren Abgeordnete, Kohle- und Atomkraftwerke wieder in Betrieb zu nehmen. Der Bürger fasst sich an den Kopf. Wer wirft schon seine alte Heizung weg, wenn die neue noch gar nicht da ist? Man sollte meinen, so dumm könne doch niemand sein. Doch die Bundestagsabgeordneten können.

Dass Politiker mit einem derart weltfernen Hintergrund Deutschland weltweit in Verruf brachten, verwundert nicht. Die Bundesregierung mochte sich trotz Putins Angriff auf die Ukraine kaum dazu durchringen, Sanktionen gegen Russland zu verhängen und Waffen an die Ukraine zu liefern. Nach wie vor wird Deutschland vorgeworfen, es verschärfe die Sanktionen nicht, verschaffe Russland riesige Einnahmen über den Kauf von Energie und finanziere auf diese Weg Putins Kriegsverbrechen. Das wäre den Abgeordneten vermutlich nicht einmal bewusst, wenn der Botschafter der Ukraine, Andrij Melnyk, sie nicht immer wieder darauf hinwiese.

Politik mit langer Leitung

Es hakte nicht nur dabei, die Sanktionen zu beschließen. Es haperte auch daran, die umzusetzen. Ihr Vollzug war nicht geregelt worden. Die Bürokratie zeigte sich hilflos. Es musste erst eine Spezialgruppe im Kanzleramt etabliert werden. Sie soll dafür sorgen, dass die Sanktionen auch tatsächlich exekutiert werden.

Ähnliche bürokratische Blähungen erleben viele Flüchtlinge, die seit drei Wochen nach Deutschland kommen und hier verteilt und versorgt werden müssen. In der Düsseldorfer Messe waren sie der nächtlichen Kälte ausgesetzt. Die Halle war nicht beheizt.

Es gab nicht einmal genügend Decken. CDU-Oberbürgermeister Keller versuchte, sich mit „Startschwierigkeiten“ herauszureden. Dabei hatte die Düsseldorfer Stadtverwaltung Wochen Zeit, sich auf den absehbaren Zuzug von Flüchtlingen vorzubereiten. Es misslang. In Deutschland haben Politik und Verwaltung bekanntermaßen eine besonders lange Leitung.

Vor den Türen der Meldebehörden

Schon als 2015/16 viele Flüchtlinge aus Afrika und dem Nahen Osten ankamen, hatte die Verwaltung große Probleme, die Ankömmlinge zu registrieren und zu verteilen. Es zeigte sich, dass die Behörden der Aufgabe nicht gewachsen waren, weil sie technisch schlecht ausgerüstet, zu schwach besetzt und oft auch nicht bereit waren, eine begrenzte Zeit über ihre Verpflichtungen hinaus zu arbeiten.

Man sollte meinen, diese Mängel wären inzwischen behoben. Ein Irrtum. Dem jüngsten Andrang am Berliner Hauptbahnhof wurden die Behörden der Hauptstadt wieder nicht gerecht. Zunächst waren sie nicht präsent. Es schien, als hätten sie den Zuzug der Flüchtlinge nicht bemerkt. Ohne die vielen freiwilligen Helfer wären die Flüchtlinge, die Putin entronnen waren, der Trägheit der deutschen Hauptstadtverwaltung zum Opfer gefallen.

Noch immer funktioniert die Verteilung über ganz Deutschland nicht. Statt mit dem SPD-Kanzler zu telefonieren, fordert Berlins SPD-Bürgermeisterin Giffey alle Nase lang über das Fernsehen die SPD-geführte Bundesregierung zur Hilfe auf. Wieder stehen Flüchtlinge Stunden lang vor den Türen der Meldebehörden. Nach wie vor ist deren technische Ausstattung mangelhaft. Wieder fehlt Personal. Erstaunt stellen die Ukrainer fest, dass Deutschland hinter der Digitalisierung der Vorkriegsukraine weit zurück liegt.

Zu Sparmaßnahmen nicht bereit

Die Flüchtlinge registrieren dankbar, dass viele Menschen in Deutschland Anteil an ihrem Schicksal nehmen und helfen. Doch können die Flüchtlinge auch nicht übersehen, dass viele Deutsche nicht gewillt sind, sich einzuschränken, um den Sanktionen gegen Putin größeren Nachdruck zu verschaffen.

Die FDP, ständig bebend vor Furcht, unter die Fünf-Prozent-Hürde zu fallen, versucht auch aus dieser Krise unverhohlen parteipolitischen Profit zu schlagen. Sie rühmt sich bereits, dafür gesorgt zu haben, dass alle Corona-Beschränkungen fallen. Dass ihr damit auch die Verantwortung für die dramatisch steigenden Inzidenz-Zahlen und die 250 Menschen zufallen, die täglich an Corona sterben, bemerkt die Partei in ihrer ideologischen Erstarrung nicht einmal.

Dass Sparmaßnahmen erforderlich sind, wenn man Putin an den Kragen will, ist für viele Abgeordnete der Ampelkoalition offensichtlich ein heikles Thema. Schüchterne Versuche, ein Tempolimit ins Spiel zu bringen, um den Benzinverbrauch zu drosseln, bügelte die FDP als „Scheinlösung“ ab. Sie nimmt sogar den Vorwurf in Kauf, für die Stimmen der notorischen Autoraser Putin und seinem Regime in die Hände zu spielen.

Kein Verlass auf Putin

Offen lassen die Bundesregierung und die Abgeordneten der Regierungsparteien, wie lange die Sanktionen bestehen sollen. Bis zum Waffenstillstand? Bis zu einem Verhandlungsfrieden? Bis der Zustand vor Putins jüngstem Angriff wiederhergestellt ist? Bis Putin die Krim und den Donbass zurückgegeben hat?

Mit wem soll über die Nachkriegsordnung in Europa verhandelt werden? Mit Putin, der als Kriegsverbrecher stigmatisiert ist? Der auf Frauen, Kinder, Kranke und Alte schießen lässt? Der eine riesige Flüchtlingswelle in Gang gesetzt hat? Der Städte und Dörfer in Schutt und Asche legt? Der mit dem Abwurf von Atombomben droht und ganz Europa in Angst und Schrecken versetzt? Der in Kauf nimmt, sein eigenes Land zu ruinieren?

Die Ukraine kann mit Putin einen Waffenstillstand aushandeln. Eine neue Friedensordnung in Europa ist mit ihm aber kaum vorstellbar. Er hat die Ukraine grundlos angegriffen. Er hat Kriegsverbrechen geschehen lassen, wenn nicht sogar angeordnet. Er hat andere Regierungschefs angelogen. Wer kann ihm noch trauen? Absprachen mit ihm stehen unter dem Vorbehalt, nur vorläufig zu gelten. Wer mit ihm Vereinbarungen trifft, riskiert den Vertrauensbruch und als Einfaltspinsel dazustehen.

Wie zu Zeiten des Eisernen Vorhangs

Russlands Nachbarn können erst Frieden finden, wenn Russland Putin aus dem Verkehr gezogen hat. Solange er und seine Kumpane das Land unterdrücken, wird die freie Welt zur eigenen Sicherheit die Rüstungsspirale wie zu Zeiten des Eisernen Vorhangs immer höher drehen, nun zum Schutz vor Putin und seiner Clique.

Deutschland beginnt bereits, sich besser zu schützen. Die 100 Milliarden Euro Sondermittel und ein deutlich höherer Etat für die Bundeswehr werden wohl nur der Anfang sein. Neue Flugzeuge sind bereits bestellt. Ändert sich in Russland nichts, wird die NATO wie zu Zeiten ihres Nachrüstungsbeschlusses wieder darauf abzielen, Russland kaputt zu rüsten und mit Sanktionen zu ruinieren.

Putins Angriff auf die Ukraine deckte Deutschlands Schwächen auf. SPD-Kanzler Schröder machte die Bundesregierung zum Handlanger der Wirtschaft. Er versprach ihr Steuererleichterungen, Einschnitte ins Sozial- und Arbeitsrecht und billige Energie aus Russland.

Die Realität ausgeblendet

Der Ostausschuss der deutschen Wirtschaft, der Verband der chemischen Industrie, die IG BCE und Teile der IG Metall nutzten Schröders Geltungssucht, um ihre Interessen durchzusetzen und Deutschland von billiger Energie aus Russland abhängig zu machen. Merkel setzte diese Politik fort. Auch deshalb konnte sie sich 16 Jahre lang im Kanzleramt halten.

Die Abgeordneten ließen zu, dass ihr eigener politischer Spielraum von der Wirtschaft eingeschränkt wurde. Weil sich die Politiker nicht an der Realität, sondern an ihren Wünschen orientierten, verklärte sich ihr Blick auf Putin. Er ist sich und seiner Clique verpflichtet, nicht Europa oder Russland. Diese Einsicht kam den Abgeordneten erst jetzt mit Putins Angriff auf die Ukraine. Sie kam mindestens zehn Jahre zu spät.

Die strategische Kurzsichtigkeit der Bundestagsabgeordneten kostet einen hohen Preis. Ihn zahlen zunächst die Ukraine und die anderen westlichen Nachbarn Russlands. Dass Putins Ukraine-Feldzug demnächst in Afrika zu Hungersnöten und in Europa zu mehr Zuwanderung führen wird: Auch dieses heraufziehende Unheil sollte den Abgeordneten nun allmählich dämmern. Das bedeutet nicht, dass sie für diesen Fall schon Vorkehrungen treffen. Das wäre für ihre Verhältnisse dann doch wohl viel zu schnell. – Ulrich Horn


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4 Comments

  1. grafiksammler Reply

    Sehr geehrter Herr Horn,

    könnte es evt. sein, dass Sie auf einem Auge etwas sehschwach sind? Nämlich immer dann, wenn es sinnvoll wäre, die CDU beim Namen zu nennen?
    Bei der SPD kann man Ihnen diese Sehschwäche nicht vorwerfen.
    Denken Sie mal darüber nach.

    • Ulrich Horn Reply

      Was vermissen Sie denn über die CDU bei diesem Thema?

  2. So frustrierend das alles auch ist, Ulrich Horn hat es auf den Punkt gebracht. Alle haben versagt. Und wir Bürgerinnen und Bürger, einschl. natürlich unseren verehrten Medien, haben auch die Augen vor den Gefahren einer permanenten Verharmlosung Putins verschlossen. Die Situation wurde zugunsten der Wirtschaft verursacht. Damit die Union im Wahlkampf behaupten konnte: „Deutschland geht es gut!“. Dass das für den Staat vielleicht halbwegs zutreffend war (Zinspolitik der EZB) heißt längst noch nicht, dass das für die Bürgerinnen und Bürger ebenso zutraf. Jedenfalls für ganz viele nicht. Heute hörte ich im WDR-Radio, dass in Dortmund jedes 3. Kind von Armut bedroht ist. Eine Folge der Hartz-Reformen der Regierung Schröder/Fischer. Die Wirtschaft hat von der billigen Energie aus Russland profitiert. Allerdings war diesen Bezugsquellen auch notwendig, weil unser Sonderweg in Sachen Energiewende diesen Schritt vielleicht erforderlich machte.

  3. Ein guter Aufruf am 25. März zum GLOBAL CLIMATE STRIKE in
    NRW Städte zu kommen.
    Milla Fester hat im Bundestag grandios Ihre Analyse bestätigt.

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