Die Abgeordneten des Bundestages stecken in Erklärungsnot. Bis 2015 konnten sie sich einreden, Deutschland wäre gut organisiert. Dieses Selbstbild erwies sich als Selbstbetrug. 2015 zeigte die Zuwanderung, dass die Verwaltung in Krisen nicht leistungsfähig ist. 2020 zeigte die Corona-Seuche, dass die Abgeordneten ihre eigenen Pandemiepläne von 2013 nicht umgesetzt hatten. Heute zeigt der Ukraine-Krieg: Die Abgeordneten haben das Land schutzlos gemacht und Putin in die Karten gespielt.
Nicht nur Corona grassiert. Auch der Irrsinn greift immer stärker um sich. Die Zahl der Infizierten schießt hoch. Staatliche Verwaltungen sind narkotisiert. Gesundheitsämter verlieren die Kontrolle. Hospitälern droht Überlast. Die Wirtschaft kämpft mit hohem Krankenstand. Doch Impfgegnern ist diese alarmierende Entwicklung egal. Sie verhelfen mit Demos gegen die Pandemieauflagen dem Virus, sich noch stärker zu verbreiten und die Schäden zu vergrößern.
Oft zieht sich der Niedergang hin. Manchmal geht es ganz schnell. NRW-Ministerpräsident Laschet steht schon längere Zeit unter Druck. Er resultiert aus seinem Ehrgeiz, CDU-Chef und Bundeskanzler zu werden. Seit sein Marsch zum Kanzleramt im Frühjahr 2020 mit der Pandemie kollidierte, erhöhte sich der Druck stetig. In den vergangenen Tagen steigerte er sich gewaltig. Laschet scheint dem Scheitern nah.
Zum Auftakt des Bundestagswahlkampfes wurde am Sonntag in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg gewählt. Interessanter als die Ergebnisse waren die Reaktionen auf sie. Wer die Auszählung im öffentlich-rechtlichen Fernsehen verfolgte, konnte den Eindruck gewinnen, die Republik stünde kurz vor dem Machtwechsel. Für diesen Eindruck sorgte vor allem die SPD. Ihre Politiker, allen voran ihr Kanzlerkandidat Scholz, bemühten sich sehr, den Zuschauern potemkinsche Dörfer zu präsentieren.
Die NRW-Kommunalwahl am 13. September wirft ihre Schatten voraus. Düsseldorfs Oberbürgermeister Geisel (SPD) teilte jüngst mit, dass er drei Dutzend Düsseldorfer gefunden habe, die ihm zur Wiederwahl verhelfen möchten. Ein Dutzend Unterstützer präsentierte er leibhaftig. Der Auftritt fand einige Beachtung. Er widerspricht der weit verbreiteten Ansicht, Geisel habe in Düsseldorf gar keine Anhänger.
Wochenlang provozierte Düsseldorfs SPD-Oberbürgermeister Geisel die Bürger mit unausgereiften Plänen zum Schauspielhaus. Als die Proteste anschwollen, nahm ihm die rot-grün-gelbe Ratskoalition das Thema weg: Sie sicherte den Bestand des Hauses. Die Bloßstellung des kopflosen Stadtoberhauptes war ein Akt des Selbstschutzes: Die Koalitionsparteien kastrierten Geisel, weil sie verhindern wollten, dass er politischen Selbstmord beging und sie mit sich riss.
(uh) Die SPD ist auf einen neuen Tiefpunkt ihres desolaten Bundestagswahlkampfes hinab gesunken. Wenige Wochen vor der Wahl gehen die Flügel der Partei dazu über, sich gegenseitig zu attackieren. Ihr müder Wahlkampf gegen die schwarz-gelbe Koalition schlägt um in einen heftigen innerparteilichen Machtkampf, den die SPD in aller Öffentlichkeit austrägt. Er nimmt für die 23-Prozent-Partei selbstzerstörerische Züge an.
(uh) Die knappen Umfragen zur Bundestagswahl beflügeln die Phantasie. Nun verschafft ihr SPD-Chef Gabriel noch mehr Auftrieb. Überraschend gab er bekannt, die SPD werde gleich nach der Wahl einen kleinen Parteitag abhalten. Vor allem SPD-Gegner werten diese Ankündigung als Eingeständnis, dass die Partei die Wahl verloren gebe und sich auf ein innerparteiliches Gemetzel vorbereite. Das ist denkbar, könnte sich jedoch als Fehlschluss erweisen.
(uh) Die Umfragen zur NRW-Wahl legen nahe, sich auf drei Koalitionsvarianten einzustellen, Rot-Grün, eine große Koalition und eine Ampel. Sollte Rot-Grün wie 2010 in der Minderheit bleiben, müssten SPD und CDU eine große Koalition bilden. Es sei denn, die FDP schafft den Sprung in den Landtag. Dann könnte eine Ampel zustande kommen, wenn es die drei Parteien fertig bringen, sich auf eine Zusammenarbeit zu verständigen.
(uh) So richtig in Schwung gekommen ist der NRW-Wahlkampf noch nicht. Das liegt auch an Ministerpräsidentin Kraft (SPD). Sie verhielt sich zurückhaltend. Hier ein Interview, dort ein Fototermin – alles Auftritte, die keine großen Schlagzeilen machten. Sie überließ das Feld weitgehend ihrem CDU-Konkurrenten Röttgen. Er nutzte die Gelegenheit. Mit Interviews, Erklärungen und Pressekonferenzen sorgte er täglich für neuen Gesprächstoff.