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Die Abgeordneten des Bundestages stecken in Erklärungsnot. Bis 2015 konnten sie sich einreden, Deutschland wäre gut organisiert. Dieses Selbstbild erwies sich als Selbstbetrug. 2015 zeigte die Zuwanderung, dass die Verwaltung in Krisen nicht leistungsfähig ist. 2020 zeigte die Corona-Seuche, dass die Abgeordneten ihre eigenen Pandemiepläne von 2013 nicht umgesetzt hatten. Heute zeigt der Ukraine-Krieg: Die Abgeordneten haben das Land schutzlos gemacht und Putin in die Karten gespielt.

Die Größe der NRW-SPD ist zur Last geworden. Sie zählt ein Viertel aller SPD-Mitglieder. Geht es ihr schlecht, liegt die ganze Partei am Boden. Heute geht es ihr miserabel. Der Niedergang ist seit 2005 sichtbar. Dennoch reagierte sie  nicht. Seit der NRW-Wahl im Mai 2017 kann sie ihren schlechten Zustand nicht mehr verdrängen. Sich zu erneuern, ist zur Existenzfrage geworden. Die NRW-SPD beantwortet sie auf ihre Art: Sie lässt sich von jenen sanieren, die sie klein gemacht haben.

Union und SPD haben sich bei der Sondierung zu einer großen Koalition über die Energiepolitik verständigt. Sie steht einer Koalition nicht mehr im Weg. NRW-Ministerpräsident Laschet (CDU) machte diesen Sachstand bekannt. Der Teil der SPD, der die große Koalition ablehnt, ist empört, weil Laschet die vereinbarte Verschwiegenheit brach. SPD-Fraktionschefin Nahles verschaffte der Empörung deutlich Gehör. Was soll sie auch anderes tun?

VW hat Millionen Kunden betrogen – weltweit. Der Konzern ist diskreditiert. Um den Vertrauensschwund zu stoppen, braucht er einen Neuanfang. Um glaubwürdig zu sein, müsste er signalisieren, dass der Konzern seine Kultur verändern will. Ein solches Signal hätte von der Berufung des neuen Vorstandschefs ausgehen können. Doch das Signal blieb aus. Der Aufsichtsrat ließ die Chance verstreichen. Es zeigt sich, dass er das eigentliche Problem des Konzerns ist.

Im Frühjahr wollte der damalige Chef des VW-Aufsichtsrates, Ferdinand Piëch, den VW-Vorstandschef Winterkorn absägen. Der Versuch schlug fehl. Niedersachsens SPD-Ministerpräsident Weil, die IG Metall und der unternehmerisch schwache Teil der Porsche-Familie übernahmen bei VW das Ruder. Sie stärkten Winterkorn, weil sie sich von ihm Arbeitsplätze versprachen, und drängten den sperrigen Piëch aufs Altenteil – eine grandiose Fehlentscheidung.

Niedersachsens SPD-Ministerpräsident Weil erklärt, der Machtkampf bei VW sei beendet. Ist nun alles in Ordnung? Keineswegs. Weil, die IG Metall und der Betriebsrat haben nicht nur VW-Miteigentümer Piëch aus dem Aufsichtsrat gedrängt. Sie haben sich auch mit VW-Vorstandschef Winterkorn verbunden, den Piëch für unfähig hält, den Konzern voranzubringen. Bei allen Verdiensten, die Winterkorn hat: Er ist für die Probleme des Konzerns verantwortlich, die über den Machtkampf deutlich wurden.

Ist der Machtkampf bei VW entschieden? Arbeitnehmer, IG Metall und Niedersachsens Regierung haben sich gegen Eigentümer und Aufsichtsratschef Piëch durchgesetzt: Winterkorn bleibt Vorstandschef. Sein Vertrag soll sogar verlängert werden. Herrschen nun bei VW klare Verhältnisse? Keineswegs. Winterkorn hat wohl jene bittere Art von Sieg errungen, die den Gewinner schwächt und schließlich zum Verlierer macht.

(uh) Die SPD verhält sich seit der Bundestagswahl wie eine kleine Koalitionspartei: Sie macht sich größer, als sie ist. Ihre Hoffnung, wieder Volkspartei zu werden, wurde bei der Wahl enttäuscht. Sie blieb 25 Prozent-Partei. Schuld daran sind nicht nur bundespolitische Schwächen. Auch ihre Kommunalpolitik, die sie in den 60-er Jahren zur Volkspartei machte, hat Antrieb und Glanz verloren. Sie kostet die Partei Reputation.

(uh) Nun hängen sie wieder an den Laternen, die Köpfe der Kandidaten auf den Plakaten, vier Wochen lang bis zur Wahl am 13. Mai. Der NRW-Wahlkampf 2012 befinde sich in seiner heißen Phase, behaupten die Parteien. Zu spüren ist das kaum. Richtig heiß will es in diesem Wahlkampf einfach nicht werden. Es fehlt der Chili in der Suppe. Es fehlt der Skandal.