(uh) Peer Steinbrück wird zum Dauerthema. Seit seiner Nominierung zum Kanzlerkandidaten beherrscht er die Schlagzeilen. Allerdings anders als geplant: Statt Merkels Politik anzugreifen, muss er sein Geschäftsgebaren verteidigen – gegen den peinlichen Vorwurf, er sei ein Knecht der Banken. Dabei fallen einige Sachverhalte auf.
1. Der Vorwurf entwickelte sich weniger durch Attacken der Opposition als durch den Umstand, dass sich bei seinen Angaben zu Nebentätigkeiten viele seiner Kunden hinter Agenturen verbargen. So geriet die Finanzwirtschaft, die seine Dienste orderte und bezahlte, aus dem Blick. Das schlug nun ins Gegenteil um. Und zieht zwangsläufig Vermutungen, Verdächtigungen und Vorwürfe nach sich.
2. Bei deren Abwehr steht Steinbrück ziemlich alleine da. Die Unterstützung aus der SPD hält sich in Grenzen. Zunächst rührte sich keine Hand. Nun melden sich Nahles und Kraft. Nahles ist als Generalsekretärin verpflichtet, ihm beizustehen. Das gleiche gilt für Kraft. Sie ist Chefin der SPD in NRW, wo er seinen Wahlkreis hat. Die Hilfe der beiden Frauen wirkt eher wie eine Pflichtübung. Es ist seit langem bekannt, das ihn beide kritischen sehen.
3. Seine Verteidigungsstrategie stößt in Teilen der Partei auf Unverständnis. Zunächst zeigte er sich unwillig, über seiner Nebentätigkeit Auskunft zu geben. Dagegen propagiert Parteichef Gabriel detaillierte Rechenschaft über Einkünfte und Auftraggeber. Steinbrück will jedoch nur Durchschnittswerte seiner Tantiemen angeben.
4. Die Aufklärung zieht sich hin. Bis der Sachverhalt geprüft ist, werden zwei, drei Wochen vergehen. Damit bekommt das Thema „Steinbrück und die Banken“ die Chance, sich im Bewusstsein der Bürger zu verankern. Die Aussicht schwindet, er könnte den Ruf als „Knecht des Kapitals“ oder als „Genosse der Bosse“ rasch los werden.
5. Die Dauer der Aufklärung schafft Zeit für weitere Berichte zu diesem Thema. So meldet der Spiegel, Steinbrück habe zur Bankenlobby größere Nähe als bisher bekannt. Der WAZ-Rechercheblog berichtet, Steinbrück habe sich seinerzeit einen Banken-Auftritt von der frisch gegründeten Agentur des Ex-Journalisten Steinkühler organisieren lassen. Dem wird nachgesagt, er habe am SPD-nahen Blog „Wir in NRW“ mitgearbeitet, das 2010 die schwarz-gelbe NRW-Koalition bekämpfte und auf einen Regierungswechsel hinwirkte. Steinkühler hat seine Beteiligung an dem Blog nicht dementiert.
6. Die Honorare der Finanzwirtschaft gefährden Steinbrücks Glaubwürdigkeit. Er wehrt sich und betont, nie habe er den Banken nach dem Mund geredet. Der Haken an dieser Verteidigung: Sie setzt voraus, dass ihn die Banken dafür bezahlten, dass er ihnen ihre Fehler und Versäumnisse vor Augen führte und ihnen klar machte, dass man sie an die Kette legen müsse. Es wird ihm schwer fallen, das glaubhaft zu vermitteln.
7. Steinbrück ist seit einer Woche Kanzlerkandidat. Dennoch wissen die Bürger bis heute nicht so recht, was er anders als Merkel machen würde. Er fand kaum Zeit, seine Politik und die seiner Partei darzulegen. Er hat viel zu sehr damit zu tun, sein persönliches Verhalten zu verteidigen. Schon heute empfinden ihn viele in der SPD als Last. Wenn er die Diskussion um seine Glaubwürdigkeit nicht schnell stoppt, werden sie ihn das spüren lassen.
3 Comments
1. Satz: „Peer Steinbrück wird zum Dauerthema.“
Ja, wenn ich richtig gezählt habe, ist das jetzt die 6. Kolumne in Serie. Für morgen möchte ich eine Rezension der Sendung mit Jauch empfehlen 😉
Dass man in der SPD den Eindruck hat, man schreibe zu viel über sie, ist neu. Bisher habe ich nur erlebt, dass sie in Wahlkämpfen Zeilen zählte, weil sie das Gefühl hatte, sie komme zu kurz. 😉
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