Über die Sommerpause hat sich die Lage des Landes NRW verändert. Als die Koalitionsabgeordneten in die Ferien fuhren, mochten sie noch glauben, zwischen Rhein und Weser sei die Welt halbwegs in Ordnung. Wenn sie in dieser Woche ihre Arbeit wieder aufnehmen, kann davon keine Rede mehr sein.
Setzt sich Schwarz-Grün bundesweit durch? Diese Frage werden 2017 die Bundestags- und die NRW-Wahl beantworten. Aufgeworfen wird sie schon heute. Im Herbst 2015 wählen knapp 50 Prozent aller NRW-Städte ihren Bürgermeister. Der Wahlkampf hat begonnen. Die SPD versucht, die Grünen an sich zu binden: Sie macht deren möglichen Koalitionspartner, CDU-Landeschef Laschet, nach Kräften madig.
Nun geht es ganz schnell. Monate lang ließen sich NRW-Ministerpräsidentin Kraft, ihr Finanzminister Walter-Borjans und die rot-grüne Koalition verprügeln, weil sie einem Teil der Beamten die Tariferhöhung vorenthielten. Dann fuhr das Verfassungsgericht der Regierungschefin in die Parade und erklärte ihre Operation für verfassungswidrig. Nun biegt Kraft kleinlaut bei.
Die NRW-Grünen sind domestiziert. Zu Zeiten der SPD-Regierungschefs Rau, Clement und Steinbrück lebten sie ihre Differenzen mit der SPD noch aus. Während der CDU/FDP-Regierungszeit in der Opposition waren sie ruhiggestellt. Nun, im Bündnis mit der Kraft-SPD, ist von grüner Gestaltungskraft kaum noch etwas zu spüren. Das Defizit sticht deshalb hervor, weil sich die Geschäftsgrundlage der Koalition verändert hat.
Politiker aller Parteien reagieren auf Kritik oft instinktiv. Sie werten Kritiker gerne ab oder diffamieren sie gar: Die Kritik sei unerheblich, weil sie einer Marotte der Kritiker entspringe, heißt es dann. Gemeint ist: Die Kritiker seien nicht ganz bei Trost. Mit diesem Schutzreflex, der dicht neben der Einfalt liegt, signalisieren Politiker ihren Rückzug in die Wagenburg. Doch den Schutz, den sie dort erhoffen, finden sie nicht dauerhaft.
Liebe Leser,
kleine Ursache, große Wirkung: Kürzlich berichtete dieses Blog über die Einladung zu einem Stück Käsekuchen – „Beamte verspotten die Regierung Kraft – NRW: Käsekuchen wird Regierungssymbol“. Es ging um eine Aktion des Personalrats im NRW-Finanzministerium. Sie schlägt inzwischen Wellen.
Noch im Winter 2013 war Hannelore Kraft die Hoffnung der SPD. Sie wurde als Kanzlerkandidatin und als Aspirantin für das Amt des Bundespräsidenten gehandelt. Heute sind solche Überlegungen aus der Welt. Ob Kraft nach Höherem strebt oder ihm entsagt: Kommt eine Ministerpräsidentin, die viermal die Landesverfassung brach, für noch höhere Ämter infrage? Man sollte meinen: eher nicht.
In NRW kommt die Regierungspolitik ins Trudeln. Auslöser ist ein handwerklicher Fehler von NRW-Finanzminister Walter-Borjans (SPD). Er kürzte den Beamten verfassungswidrig die Tariferhöhung. Nun muss er den Schaden beheben. Das wird teuer für das Land. Der Landesetat droht auseinanderzubrechen. Die rot-grüne Koalition, die Regierung und die Bürger müssen den Fehler des Ministers ausbaden.
NRW-Finanzminister Walter-Borjans (SPD) ist der umstrittenste Minister der Regierung Kraft. Er kauft gestohlene Steuer-Daten und profiliert sich europaweit als Jäger der Steuerbetrüger. Nun droht dem Image Schaden. Das NRW-Verfassungsgericht ist dabei, Walter-Borjans als notorischen Verfassungsbrecher zu entlarven.
Die NRW-Landesregierung und die Landtagsabgeordneten haben den landeseigenen Bau-und Liegenschaftsbetrieb NRW (BLB) in Verruf gebracht. Der BLB kauft, baut und verwaltet Immobilien für das Land. Dabei hat er über die Jahre Steuern in dreistelliger Millionenhöhe verschwendet, und zwar unter den Augen der Politiker, die ihn kontrollieren sollen. Der Missstand ist das Ergebnis politischen Versagens.