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Kaum ein Politiker profitiert so ausgiebig von der Dummheit seiner Gegner wie Angela Merkel. Zu Beginn des Wahlkampfes 2005 steuerte sie auf die absolute Mehrheit zu. An seinem Ende hatte sie fast allen Umfragekredit verspielt. Nur um Haaresbreite lag die Union vor der SPD. Hätte es der geschlagene, frustrierte SPD-Kanzler Schröder am Wahlabend unterlassen, Merkel vor aller Welt herunterzuputzen, wäre sie wohl von ihren Parteifreunden ausgebootet worden, noch ehe sie die Macht hätte ergreifen können.

Tsipras kommt Griechenland und Europa teuer zu stehen. Er brauchte ein halbes Jahr, um zu begreifen, dass die meisten Griechen im Euro bleiben wollen und er das Land reformieren muss, um diesen Wunsch zu erfüllen. Dieser Einsicht hätte er früher nachkommen können. Griechenland und Europa wäre dann vieles erspart geblieben.

Die SPD hat ein Wolkenkuckucksheim gebastelt und sich gemütlich darin eingerichtet. Seit Jahren lebt sie dort ungestört ihren Traum. Ihre Funktionäre, ihre Mitglieder und ein paar Stammwähler halten sie noch für eine Volkspartei. Alle anderen wissen längst, dass die SPD im Bund immer mehr den Kleinparteien gleicht und in den Ländern und Großstädten zur Regional- und Lokalpartei geschrumpft ist. Nun stört Kiels SPD-Ministerpräsident Albig die Idylle.

Seit Griechenlands Krise die Medien beschäftigt, gewinnen die EU-Bürger tieferen Eindruck von der Europapolitik. Was sie zu sehen bekommen, ist unerfreulich. Europa ist gespalten, steht von innen und außen unter Druck, ist schlecht organisiert und verschwendet seine Ressourcen. Es weicht seinen Defiziten aus. Es wirkt behäbig und erpressbar. Ein Ende der Krise ist nicht in Sicht.

Der linke SPD-Flügel hat den Ruf, erfolglos zu sein. Seit Wochen versucht er, SPD-Chef Gabriel zu demontieren. Die Resonanz blieb mäßig. Einige Interviews, eine kurze Diskussion um die Kanzlerkandidatur, das war’s. Die Kampagne der linken SPD-Spitzengenossen dümpelte schlapp vor sich hin. Nun scheint sie doch noch auf Touren kommen, dem einfachen Parteimitglied Björn Uhde aus Schleswig-Holstein sei Dank. Er attackiert Gabriel mit einem offenen Brief, der große Beachtung findet.

Es gab einmal einen Politiker, der erzielte einen großen Erfolg. Er kam zustande, weil ihm ein anderer Politiker geholfen hatte. Kurz nach dem Erfolg telefonierte ich mit dem Helfer. Sein erfolgreicher Parteifreund werde ihn nun doch sicher belohnen, sagte ich. Der Helfer antwortete skeptisch: „In der Politik ist Dankbarkeit flüchtig.“

Die Bundestagswahl 2017 könnte spannend werden. Das „Handelsblatt“ sieht bereits jetzt den Wahlkampf eröffnet. Es widmete SPD-Chef Gabriel, den es seit Längerem wohlwollend begleitet, jüngst eine Titelgeschichte mit der Botschaft: Gabriel versuche, sich und die SPD wirtschaftsfreundlich auszurichten. Gabriel wolle die Wirtschaft gewinnen, um mit ihr im Rücken Kanzlerin Merkel 2017 aus dem Amt zu drängen.

Zwei Legislaturperioden lang war Ex-Kanzler Schröder abgetaucht. Seit die SPD in der Großen Koalition mitregiert, mischt er wieder mit. Jüngstes Beispiel: Er unterstützt den Vorstoß von SPD-Chef Gabriel, den EU-Stabilitätspakt aufzuweichen und den Krisenstaaten mehr Zeit für Reformen einzuräumen. Schröder fand große Beachtung. Es schien fast so, als habe der erfahrene Stratege Schröder Gabriel auf die Nebenrolle abgedrängt.

(uh) Im Europa-Wahlkampf war der SPD-Spitzenkandidat Martin Schulz nicht zu überhören. Er trat auf, als wäre er die Trompete von Jericho. Er machte die EU-Wahl zum Kampf der Spitzenkandidaten um das Amt des Kommissionspräsidenten. Nun ist die Wahl gewählt. Er hat verloren. Seit dem Wahlabend ist es still um ihn geworden. Es stellt sich die Frage: Wo ist Schulz?

(uh) Wie sich der Blick auf die Dinge verändert! Am Abend des 22. September 2013 galt das Ergebnis der Bundestagswahl als Merkels größter Triumph. Umso mehr, als die SPD schwer geschlagen wurde. Nun, acht Monate später, deutet sich an: Mit der Wahl könnte sich für Merkel der Beginn ihres Machtverlustes verbinden und für die SPD der Ausgangspunkt ihrer Erholung.