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Mit dem Jahreswechsel startet das dritte Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts. Es beginnt mit einem Hoffnungsfunken. Die Reden zur Jahreswende handeln von der Aussicht, mit Impfstoffen die Pandemie zu besiegen. Neben ihr steht Europa im nächsten Jahrzehnt vor weiteren Problemen. Der frühere Außenminister Joschka Fischer (Die Grünen) umreißt sie in einem Interview, das der Berliner Korrespondent der NZZ, Christoph Prantner, mit ihm führte – eine andere Art von Neujahrsansprache, die ich als lesenswert empfehle. – Ulrich Horn

Nun ist auch US-Präsident Trump Opfer seiner Politik geworden. Er hat das Corona-Virus heruntergespielt und zu dessen Verbreitung beigetragen. Wie viele Menschen könnten noch leben, wenn er die erforderlichen Schutzmaßnahmen gegen das Virus nicht immer wieder diskreditiert hätte?

NRW findet mehr Beachtung, als man denkt. Besonders aufmerksam schaut man offenbar aus dem schönen Wien auf das Bundesland. Österreichs Bildungsminister Faßmann hat entdeckt, dass NRW-Ministerpräsident Laschet den Schülern der Sekundarstufe 2 für 14 Tage Maskenpflicht verordnet hat.

Die Kaste der Politiker zerfällt in drei Gruppen: die Standardvariante ohne Mandat, die Prämiumvariante mit Mandat und die Oldtimer, die einmal ein Mandat hatten. Sie alle verbindet eines: Sie brauchen Öffentlichkeit, um sich zur Geltung zu bringen. Sie hilft ihnen, prominent zu werden und zu bleiben. Einer deckt alle drei Kategorien von Politikern ab: der Ex-SPD-Chef und Ex-Kanzler Schröder.

Schauen wir drei, vier Monate zurück. Was stellen wir fest? Damals vollzogen sich Metamorphosen. Rechtzeitig zur Wahl in den Niederlanden Mitte März verwandelten sich Journalisten in Auguren. Voller Inbrunst sagten sie Europas Ende voraus. sahen so abenteuerliche Gestalten wie Wilders, Le Pen, Höcke und Gauland die Macht übernehmen und die EU zerstören.

Donald Trump gab bei seinem Besuch in Europa den großen bösen Wolf. Die europäischen Staatschefs wirkten wie eine Herde verschreckter Geißlein. Kaum hatte Trump Europa den Rücken gekehrt, veränderte sich das Bild jedoch – wie im Märchen der Gebrüder Grimm. Schon jetzt, ein halbes Jahr nach seiner Wahl, sieht der Wolf ziemlich belämmert aus. Seine Aussichten haben sich noch stärker verdüstert.

Der langjährige SPD-Spitzenbeamte und Außenminister Steinmeier wurde vor allem von Wahlleuten der SPD und der Union zum Bundespräsidenten gewählt. Mit ihm sind hohe Erwartungen verbunden. Er soll zusammenbinden, was auseinanderstrebt. Gegen den Ansturm des Populismus soll er Europas Werte hochhalten. Dass Europa seine Wahl als Signal empfindet, ist unwahrscheinlich. Steinmeier ist zwar weithin bekannt. Doch wer deutscher Bundespräsident ist und was der will, dürfte die meisten Europäer kaum interessieren.

Großbritanniens Entscheidung gegen die EU legt die Schwächen Europas bloß. Immer mehr EU-Bürgern erschließen sich die Vorteile der Union nicht. Im Alltagsleben wird sie als Erschwernis wahrgenommen. Da ihr Nutzwert kaum noch erfahrbar ist, wächst in vielen Mitgliedsstaaten der Wunsch, sich aus der Gemeinschaft mit den EU-Partnern zu befreien. In den vergangenen Jahren haben sich immer mehr Europäer auf die Flucht aus der Verantwortung füreinander gemacht.

Drei Themen haben den Menschen in Deutschland 2015 bewusst gemacht, dass Europa kein Ort der Beschaulichkeit ist: die Griechenland-Krise, der Terror und die Zuwanderung. Sie sind Teil eines größeren Problems. Hinter ihnen verbirgt sich die Frage, was aus Europa werden soll und wie die Europäer leben wollen.