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NRW-Wahl 2017

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Mit der Pandemie sind die Defizite des schwarz-roten Bundeskabinetts sichtbar geworden. Sie zeigen sich vor allem in dessen Unionsteil, ausgerechnet im Wahljahr 2021, in der die Union ihren Regierungsanspruch erstmals seit 2005 ohne die Zugkraft ihrer Kanzlerin Merkel behaupten muss. Die Corona-Krise verschaffte der Runde der Ministerpräsidenten Gewicht. Gegen sie wirken die Mitglieder des Bundeskabinetts wie Statisten. Sie tragen auch noch selbst kräftig dazu bei, diesen Eindruck zu verstärken.

Die Pandemie beschleunigt den Wandel in Wirtschaft und Gesellschaft. Die Politik sieht sich nicht mehr nur vor der Aufgabe, die Lebensbedingungen zu verbessern. Das Leben selbst und das Überleben sind zu ihren Themen geworden. Die Jugend hat ihr politisches Gewicht entdeckt und macht es wirksam geltend. Es zeichnen sich neue Bündnisse ab. Die Kommunalwahl in NRW macht deutlich: Die Mehrheit der Wähler sucht nach Kräften, die den Wandel gestalten und Sicherheit gewährleisten können.

Größtes Problem der SPD ist ihr Realitätsverlust. Er ist in ihrem größten Landesverband NRW, der mit 110.000 Mitgliedern ein Viertel der Bundespartei ausmacht, weit fortgeschritten. Zwischen Rhein und Weser wollte die SPD sich und den Wählern nach sieben Regierungsjahren faktenwidrig einreden, das Land sei auf gutem Weg. Die Bürger bestraften diese Zumutung und schickten die SPD bei der Landtagswahl in der Opposition. Nun kündigt die Partei an, sich zu erneuern. Und was tut sich? So gut wie nichts.

Am Sonntag beauftragten die Wähler CDU-Chef Laschet, die nächste NRW-Regierung zu bilden. Der Erfolg kam unerwartet. Er fiel mäßig aus. Um den Wählerauftrag zu gewinnen, reichten magere 33 Prozent. Es handelt sich um das zweitschlechteste CDU-Resultat seit 1947. Schon am Wahlabend wurde Laschet als neuer Regierungschef gefeiert. Doch noch ist er es nicht. Um es zu werden, muss er große Probleme bewältigen. Seit der Wahl sitzt er auf dem Schleudersitz.

Haben sich die Grünen überlebt? Diesen Eindruck vermitteln sie seit einiger Zeit – besonders im einwohnerstärksten Bundesland NRW. Dort sitzen sie seit 27 Jahren im Landtag, 17 davon als Regierungspartei. Mitten im Wahlkampf zur NRW-Wahl am 14. Mai fiel ihnen plötzlich auf, dass ihnen die Felle davonschwimmen.

Armin Laschet und die NRW-CDU wittern Morgenluft. Lange schien der Vorsitzende der NRW-CDU im Landtagswahlkampf gegen SPD-Ministerpräsidentin Kraft aussichtslos. Die SPD verspottete ihn als Merkels Gehilfen. Konservative in der CDU befürchteten, er könnte mit seiner rückhaltlosen Unterstützung der Merkelschen Flüchtlingspolitik und in der Euphorie um SPD-Chef Schulz untergehen. Doch seit ein paar Wochen nimmt die NRW-CDU erstaunt wahr, dass Laschet dabei ist, die Stimmung zu drehen.

Hannelore Krafts Lage wird immer prekärer. Ihrem Innenminister Jäger wurden im Fall des Terroristen Amri schwere Versäumnisse nachgewiesen. Der Generalbundesanwalt und Behörden, die Jäger unterstellt sind, stellten den Minister bloß. Jäger ist rücktrittsreif. Doch die NRW-Ministerpräsidentin ist handlungsunfähig. Sie hat sich an den Minister gekettet. Mit ihm hängt sie nun stehend k.o. in den Seilen. Ließe sie Jäger fallen, müsste auch sie gehen – knapp drei Wochen vor der Landtagswahl unvorstellbar.

Der Anschlag des Tunesiers Amri offenbarte Sicherheits- und Verwaltungsdefizite – in der EU, in Deutschland und in NRW. Der Düsseldorfer Landtag hat nun, drei Monate vor der Landtagswahl, auf Druck der Opposition einen Untersuchungsausschuss eingesetzt. Er kann nicht nur der Landesregierung, sondern auch der Opposition gefährlich werden. Für NRW-Innenminister Jäger (SPD), der sich als Hoffnungsträger der NRW-SPD verstand, bedeutet der U-Ausschuss das Ende seiner Regierungskarriere.

Ministerpräsidentin Kraft (SPD) hat sich und dem Land viele Probleme beschert. Sie sind in NRW längst Teil der Allgemeinbildung. Krafts Chancen, die Probleme zu lösen, stehen nicht gut. Sie drohen ihr und der SPD bei der NRW-Wahl im Mai auf die Füße zu fallen. Zumindest für dieses Problem brauchte Kraft rasch eine Lösung. Die Politikerin suchte und fand. Das Ergebnis war dieser Tage in der Talkshow Markus Lanz zu bestaunen.