Ist es nicht herzzerreißend, wie sehr die Anhänger der konservativen CDU-Mittelstandsvereinigung daran leiden, dass Friedrich Merz bei der Wahl zum CDU-Vorsitz gescheitert ist? Seit Tagen jammern sie, es sei das Licht verloschen, das sie aus der Finsternis der Merkel-Zeit führen sollte. Seit Tagen beschäftigen sie die Republik mit der Frage, wie sie es wieder anzünden könnten und was nun aus dem armen Merz werden solle. Die Vorstellung, dass sich der 63-jährige Millionär wieder seinem lukrativen Job in der Wirtschaft und seinen beiden Flugzeugen zuwenden könnte, ist ihnen ein Graus. Diese CDU-Gruppe wird seit vielen Jahren von Männern repräsentiert, die es nicht schafften, bekannt zu werden und ihren Worten Gewicht zu verschaffen. Um diesen Mangel auszugleichen, erbarmte sich Bundestagspräsident Schäuble und reaktivierte Merz. Prompt verklärten die Mittelständler den politischen Vorruheständler zum politischen Giganten. Dass er nicht Parteichef wurde, erschüttert sie bis ins Mark. Sie möchten ihn unbedingt bei der Stange halten. Gesucht wird ein Platz, auf dem er parken kann, etwa als Wirtschaftsminister im Bundeskabinett. Warum dieser ganze Aufruhr um ihn? Es könnte gut sein, dass seine Bezwingerin, die neue CDU-Chefin Kramp-Karrenbauer, bei den vielen Wahlen im nächsten Jahr viele Niederlagen hinnehmen muss und sich über sie verschleißt. Dann werden die Mittelständler fragen, ob sie als Kanzlerin geeignet sei und postwendend antworten: unter gar keinen Umständen. Für diesen Fall soll Merz warmgehalten werden. Ihm würde dann neue Chance winken. Sie wird sich nur einfinden, wenn Kramp-Karrenbauer scheitert. Ob sich die CDU-Mittelständler bei den Wahlkämpfen 2019 mit voller Kraft einsetzen werden? 2002 ließ Merkel Stoiber den Vortritt bei der Kanzlerkandidatur. Er scheiterte. Merkel profitierte. Heute steht Kramp-Karrenbauer wie damals Stoiber vor dem Rohr. Sie sollte das Risiko kennen. Ob sie auch weiß, wie es zu beseitigen ist? – Ulrich Horn
2 Comments
Ich deute das Geschehen um die Personalie Friedrich Merz als ein politisches Ringen des wirtschaftsnahen und konservativen Parteiflügels mit dem „sozialdemokratisierten“ linken Parteiflügel, der es mittels breiter medialer (außerparteilicher) Unterstützung geschafft hat, AKK auf den Schild zu heben. Den Achtungserfolg, den Merz mit gut 48 Prozent der Delegierten errungen hat, möchten die Konservativen jetzt in eine starke personelle Vertretung des konservativen Anliegens, zwecks dessen sie nunmehr Merz positionieren, ummünzen, um die „Sozialdemokraten“ in der CDU effektiver einzuhegen. Alles sehr logisch (und wünschenswert)!
Die Sorgen um Merz bei seinen Jüngern könnte aber vielleicht ein wenig auch damit zu tun haben, daß BlackRock & Co. gar nicht mehr so sehr darauf erpicht sind, ihren „Bruchpiloten“ wieder zurückzunehmen.
Und AKK wird meiner Meinung nach nur dann wieder Wahlerfolge für die CDU einfahren können, wenn sie nicht einfach als „Mini-Merkel“ weitermacht, sondern einen modernen Konservatismus entwirft.