Noch ist die SPD nicht verloren. Im Landesverband NRW keimt nach der Niederlage bei der Landtagswahl das Bedürfnis, die Partei möge sich endlich ehrlich machen. Doch auf dem Wahlparteitag am Wochenende in Duisburg wurde der Wunsch nicht erfüllt. Das, was die NRW-SPD mit ihrem neuen Vorsitzenden Groschek als ersten Schritt der Erneuerung anbietet, reicht vielen Mitgliedern nicht. Vielen Anhängern und Wählern sicher auch nicht.
Größtes Problem der SPD ist ihr Realitätsverlust. Er ist in ihrem größten Landesverband NRW, der mit 110.000 Mitgliedern ein Viertel der Bundespartei ausmacht, weit fortgeschritten. Zwischen Rhein und Weser wollte die SPD sich und den Wählern nach sieben Regierungsjahren faktenwidrig einreden, das Land sei auf gutem Weg. Die Bürger bestraften diese Zumutung und schickten die SPD bei der Landtagswahl in der Opposition. Nun kündigt die Partei an, sich zu erneuern. Und was tut sich? So gut wie nichts.
Lebt die NRW-SPD noch? Ein Jahrzehnt lang war Hannelore Kraft Vorsitzende. In dieser Zeit lag die Partei im Koma. Nun reagiert sie auf die Niederlage bei der NRW-Wahl 2017. Der Landesverband führt sie auf seine Fehler und Defizite zurück und will sich in der Opposition erneuern. Wer nimmt diese Ankündigung ernst?
Ist NRW-Innenminister Jäger (SPD) noch zu retten? Hannelore Kraft hat es versucht – mit einem Gutachten. Ihre Erste-Hilfe-Aktion wirkte verheerend: Jäger rutscht noch tiefer in den Amri-Sumpf, und die Ministerpräsidentin rutscht ihm nun hinterher. Den Grünen wird es mulmig.. Sie gehen auf Distanz zum Koalitionspartner SPD. Sechs Wochen vor der Landtagswahl hat Kraft über den Fall Jäger sich und ihre Koalition ins Schlingern gebracht.
Zwei Monate vor der Landtagswahl steht die Politik in NRW Kopf. Nach herrschender Meinung hat SPD-Ministerpräsidentin Kraft das Land heruntergewirtschaftet. Dennoch hat sie beste Chancen, wiedergewählt zu werden. Diese Aussicht wird auf die Euphorie um SPD-Chef Schulz zurückgeführt. Doch das ist nur die halbe Wahrheit. Zur ganzen Wahrheit gehört der Fakt: Kraft profitiert von der Schwäche der NRW-CDU und ihres Spitzenkandidaten Laschet.
In der SPD geht die Sorge um, die Euphorie um den Kanzlerkandidaten Schulz könnte bald in sich zusammenzufallen. Diese Befürchtung ist mit der NRW-Wahl im Mai verbunden. In Parteikreisen rechnet man damit, dass die Bildung der neuen NRW-Regierung den Bundestagswahlkampf der SPD beeinträchtigen werde.
NRW-Innenminister Jäger (SPD) bringt sich, seine Partei und die NRW-Regierung immer tiefer in die Bredouille. Offensichtlich hat er im Fall Amri die Öffentlichkeit und den NRW-Landtag unvollständig, wenn nicht sogar irreführend und falsch unterrichtet. Am Wochenende wurden Sachverhalte bekannt, die über Jägers Aussagen erheblich hinausgehen und sie in neuem Licht erscheinen lassen. Danach ist der Minister mit seinen Behörden in den Fall Amri tiefer verstrickt, als er bisher glauben machen wollte.
Politiker brauchen lange, um Beachtung zu finden. Sie brauchen länger, um bekannt, und noch länger, um populär zu werden. Um diesen Status zu erreichen, müssen sie sich richtig krummlegen. Noch mehr, um ihn längere Zeit hochzuhalten. In den Umfragen können sie ablesen, wie es gerade um sie steht. Finden sie sich auf den Sympathielisten unter den ersten Zehn, sollte man meinen, sie hätten den Gipfel der Popularität erklommen. Doch das ist ein Irrtum.
Viele Jahre lang konnte die SPD bei Merkel studieren, wie man Bundestagswahlen gewinnt. Genutzt hat es nicht. Die SPD will nicht hinzulernen. Sie will bleiben, wie sie ist. Gerade ist sie dabei, den Grundstein für die nächsten Niederlagen zu legen, diesmal bei der NRW- und der Bundestagswahl 2017.
Der NRW-Landtag stößt mit seinem Drang, Aufschluss über die weltweit beachteten Vorgänge um die Kölner Silvesternacht zu gewinnen, an Grenzen. Die Landesregierung teilte am Dienstag mit, der Stellvertretende Regierungssprecher Rudolf Schumacher (Grüne) werde sein Amt „aufgrund schwerer gesundheitlicher Probleme“ aufgeben. Tags zuvor hatte die CDU angekündigt, ihn als Zeugen vor den Untersuchungsausschuss des Landtages zu laden.