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Die CDU hat gerade eben noch die Kurve gekriegt. Hätte die Partei ihrem Vorsitzenden Laschet die Kanzlerkandidatur verweigert, wäre die Bundestagswahl für die Union wohl schon heute verloren. Söder hat das, wenn auch ziemlich spät, doch noch begriffen und klein beigegeben. Viele CDU-Mitglieder, die ihn nach wie vor anhimmeln, sind noch nicht so weit wie er.

Wer sagt denn, man könne Merkel nicht attackieren? Kein Tag vergeht, an dem CSU-Chef Seehofer Merkels Flüchtlingspolitik nicht benörgelt. Seine Dauerkritik hinterlässt Spuren. Ein Teil der CDU-Anhänger sieht das Treiben der Kanzlerin inzwischen ebenfalls kritisch. Die Union baut in Umfragen ab. Seehofers Attacken sollen Zeichen der Stärke sein, doch offenbaren sie nur seine Schwäche. Er versucht, Merkel zu treiben, weil er selbst ein Getriebener ist.

(uh) Die steilste politische Karriere der jüngsten Zeit machte – nach Ex-Verteidigungsminister Guttenberg – NRW-Ministerpräsidentin Kraft. Vor fünf Jahren war die SPD-Politikerin selbst in ihrem Heimatland NRW nicht jedem bekannt. Inzwischen sehen sie die Medien als nächste Parteichefin, Kanzlerkandidatin oder Bundespräsidentin. Über Nacht machten sie aus Kraft eine Hoffnungsträgerin für alles.

(uh) Die SPD ist mit sich, ihrem Kanzlerkandidaten und dessen Wahlkampf unzufrieden. Das Ausmaß des Missbehagens ist an der großen Begeisterung abzulesen, die Steinbrücks Frau Gertrud mit ihrem jüngsten Auftritt auslöste. Die politischen Absichten des Kandidaten und seiner Partei rücken in den Hintergrund. Es geht nicht mehr darum, mit Plänen zu punkten, sondern über das Persönliche und Private Wähler zu finden und zu binden.

(uh) Der „Spiegel“ ist ein wenig abgewirtschaftet. Wie viele Medien hat auch er es bisher nicht geschafft, sich in der Informationsflut neu zu justieren, die mit dem Internet hereingebrochen ist. Die Inflation von Nachrichten und Meinungen hat seine Position untergraben und entwertet. Die alte Rolle schwindet, eine neue ist noch nicht in Sicht.

(uh) Annette Schavan muss die Folgen tragen, die sich aus ihrer Promotion ergeben: Sie ist ihr Ministeramt los. Sie wird, wenn ihre Klage gegen die Uni Düsseldorf scheitert, demnächst den Doktor-Titel los sein. Schavans Ruf ist ramponiert. Sie muss nun damit klar kommen, dass ihr Leben und ihre berufliche Leistung vom unrühmlichen Grund ihres Rücktritts überschattet wird. Über ihre Betroffenheit hinaus wirft der Fall Fragen auf, die Antworten erfordern.

(uh) Die CSU kommt nicht zur Ruhe. Kaum ist ihr Sprecher Strepp zurückgetreten, gerät ihr Generalsekretär Dobrinth unter Druck. Ihm werfen Parteifreunde vor, er habe die ZDF-Krise schlecht gemanagt. Ein Jahr vor der Landtagswahl fürchten viele, er könnte zur Belastung werden und den Wahlkampf in den Sand setzen. Schon wird über seinen Abgang gemunkelt. Das wäre ein Befreiungsschlag, der Karl-Theodor zu Guttenbergs Comeback ermöglichen könnte.

(uh) Die Wulff-Affäre hat gute Aussichten, in die Geschichtsbücher einzugehen, als Wendepunkt der politischen Kultur in Deutschland. Ein zentrales Kapitel dieser Wende schreiben gerade die Bild-Zeitung und ihr Chefredakteur Diekmann. Vor allem er hat eine Wandlung vollzogen, die noch nicht hinreichend gewürdigt wurde: Diekmann hat die politische Hygiene entdeckt.