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Die CDU ist von sich ergriffen. Während die SPD in den vergangenen Monaten zur Kleinpartei schrumpfte, fühlt sich die CDU trotz ihrer schweren Verluste bei der Hessenwahl aufgeblüht. Seit Merkel ankündigte, den Vorsitz abzugeben, freut sich die Partei über ihre neue Bewegungsfreiheit. Wie lange wird die Freude anhalten? Die CDU scheint zu vergessen, dass sie sich auf dünnem Eis bewegt.

Vor der Hessenwahl überschlagen sich die Spekulationen über deren Ausgang und dessen Auswirkungen auf die Bundespolitik. Die Medien und die Parteien scheinen im Fieberrausch. Fast alles scheint möglich und auch wieder nicht. In den letzten Tagen vor der Wahl schüren die Parteien die Spekulationen, um die Wähler für sich einzunehmen und die Anhänger der Konkurrenten zu demotivieren.

Seit drei Jahren tragen Merkel (CDU) und Seehofer (CSU) öffentlich einen Machtkampf aus. Er begann auf dem Höhepunkt der Zuwanderung im Herbst 2015. Mit der Bayern- und der Hessenwahl steuert er seinem Ende zu. Seine Folgen werden die Amtszeiten der beiden Politiker überdauern. Ihr Konflikt schwächte die Union, zog auch ihren Koalitionspartner SPD in seinen Sog und überlagerte die Strukturprobleme der Republik. Union und SPD spüren die Konsequenzen. Viele Wähler wenden sich ab.

Bei der Bundestagswahl 2017 spielte FDP-Chef Lindner eine tragende Nebenrolle. Damals stellte sich unter anderem die Frage: Findet die FDP in den Bundestag zurück? Sie fand. Es war Lindners Verdienst. Vier Jahre lang hat er auf das Comeback hingearbeitet. Die FDP wird es ihm nicht vergessen. Heute, ein Jahr danach, nehmen die Mitglieder, Wähler und Sympathisanten wahr, dass in der FDP von einem Aufbruch kaum etwas zu spüren ist.

Bundeskanzler haben es nicht leicht. Schröder (SPD) vertrieben die Wähler nach sieben Jahren aus dem Kanzleramt. Merkel errang nach 13 Jahren an der Spitze der CDU und acht Jahren im Kanzleramt ihren größten Erfolg: Bei der Bundestagswahl 2013 erreichte sie Ihre dritte Amtszeit und verpasste mit 41,5 Prozent nur knapp die absolute Mehrheit. Diesen Erfolg machte ihr der CSU-Partner Seehofer zunichte. Seit 2014 war sein Rücktritt fällig. Um ihn zu verschleppen, betrieb er in den eigenen Reihen zügellos Obstruktion und wurde darüber zum Totengräber der Union.

Wieder einmal wird vorausgesagt, dass Merkels Laufbahn bald ende – zum 216. Mal. Alle Beobachter sind sich einig: Ihre Macht schmilzt. Die Unionsfraktion hat ihren langjährigen Chef Kauder abgewählt und durch den Abgeordneten Brinkhaus ersetzt. Dieser Wechsel gilt als größte Niederlage der Kanzlerin. Sie hat sich für Kauder starkgemacht. Seine Abwahl fällt auf sie zurück.

Seit Jahren chaotisiert Seehofer die Bundespolitik. Er half, die Union und die CSU herunterzuwirtschaften. Inne hält er nicht. Jeder Anlass ist willkommen, den Machtkampf gegen Merkel fortzusetzen. Dass Seehofer stets den Kürzeren zieht, scheint ihn nur anzustacheln.

Dass Seehofer den Schuss nicht hört, wissen die Wähler seit dem Europa-Wahlkampf 2014. Damals rückte er die Partei aus Angst vor der AfD nach rechtsaußen. Das Ergebnis: Die CSU schrumpfte bei der Wahl um ein Sechstel. Seehofer lernte aus der Niederlage nichts.