Tag

Trittin

Browsing

Haben sich die Grünen überlebt? Diesen Eindruck vermitteln sie seit einiger Zeit – besonders im einwohnerstärksten Bundesland NRW. Dort sitzen sie seit 27 Jahren im Landtag, 17 davon als Regierungspartei. Mitten im Wahlkampf zur NRW-Wahl am 14. Mai fiel ihnen plötzlich auf, dass ihnen die Felle davonschwimmen.

(uh) Das ging schnell. Am Donnerstag machte Post-von-Horn die Leser darauf aufmerksam, dass die rot-grünen Bündnisse in den Ländern unter Druck geraten, weil Hannelore Kraft bei den Verhandlungen über eine große Koalition in Berlin die Energiewende bremsen werde. Zwei Tage später trat Kraft auf das Bremspedal. Im Interview mit der Süddeutschen Zeitung macht sie die Differenzen zu den Grünen deutlich.

(uh) Mit den Verhandlungen über eine große Koalition gerät die SPD in schwieriges Gewässer. Zum Problemfeld wird die Energiepolitik. Kann die SPD ihre energiepolitischen Ziele durchsetzen und die Zustimmung ihrer Mitglieder für die Koalition gewinnen, geraten die rot-grünen Bündnisse in den Ländern massiv unter Druck. Vor allem in NRW werden sich die Spannungen zwischen SPD und Grünen erheblich verschärfen.

(uh) Die Grünen sind mit sich geschlagen. Ihren Flügeln fehlt der Rumpf. Vor der Wahl erklärten sie, sie wollten regieren. Nach der Wahl gestehen sie, regierungsunfähig zu sein. Vor der Wahl ketteten sie sich an die SPD. Nach der Wahl zeigt sich: Sie sind sogar geknebelt. Die Sondierungsgespräche mit der Union gerieten zum Offenbarungseid. Seit die Grünen 2005 aus der Regierung gewählt wurden, ist die Partei zunehmend verkümmert.

(uh) Der Wähler hat seine Pflicht erfüllt. Er hat gewählt. Er wünscht eine Regierung. Noch haben die Sondierungsgespräche der Parteien nicht begonnen, da legen ihre Politiker schon die Hürden hoch. Es ist die große Stunde der Dampfplauderer. Sie vermitteln den Eindruck, der Wählerauftrag laute nicht, die Regierung zu bilden, sondern sie zu verhindern.

(uh) Wahlen werden analysiert, wenn das Ergebnis auf dem Tisch liegt. Die Versuchung, die Reihenfolge umzukehren, ist bei dieser Wahl groß, weil der Wahlkampf aus einer Kette von Entgleisungen, Unterlassungen und Täuschungen bestand. Früher nutzen ihn die Parteien, um den Wählern Orientierung zu geben. Diesmal diente er dazu, ihnen die Orientierung zu nehmen.

(uh) Angela Merkels Schwachstelle ist die FDP. Bleibt sie bei der Bundestagswahl an der Fünf-Prozent-Hürde hängen, wird es der Kanzlerin schwer fallen, im neuen Bundestag die Mehrheit für ihre Wiederwahl zu gewinnen. So wird Philipp Rösler der Mann der Stunde: Schafft es der FDP-Chef, die Kanzlerin zu retten?

(uh) Vor einem Jahr lagen die NRW-Grünen in Umfragen bei 24 Prozent. Damals hätten Neuwahlen eine klare rot-grüne Mehrheit gebracht, dank der Grünen. Sie hätten dann ein weiteres Ministerium beanspruchen können. Doch dazu kam es nicht.

So schnell, wie sie wuchsen, schrumpften sie. Statt ihr Wählerpotential zu stabilisieren, halbierten sie ihre Umfragewerte. Heute stehen sie wieder bei 12 Prozent, nahe dem Wahlresultat von 2010. Nach knapp zwei Regierungsjahren treten sie auf der Stelle.