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Die Größe der NRW-SPD ist zur Last geworden. Sie zählt ein Viertel aller SPD-Mitglieder. Geht es ihr schlecht, liegt die ganze Partei am Boden. Heute geht es ihr miserabel. Der Niedergang ist seit 2005 sichtbar. Dennoch reagierte sie  nicht. Seit der NRW-Wahl im Mai 2017 kann sie ihren schlechten Zustand nicht mehr verdrängen. Sich zu erneuern, ist zur Existenzfrage geworden. Die NRW-SPD beantwortet sie auf ihre Art: Sie lässt sich von jenen sanieren, die sie klein gemacht haben.

Um Sigmar Gabriel muss man sich nicht sorgen. Der Ex-Ministerpräsident, Ex-SPD-Chef, Ex-Wirtschafts- und nun auch Ex-Außenminister hat die Rente durch. Zwar fallen nun der Dienstwagen und die Bezüge als Minister fort. Doch auch als schlichter Bundestagsabgeordneter muss er nicht am Hungertusch nagen. Außerdem könnten sich ihm nun neue Berufsperspektiven eröffnen.

Der neue SPD-Generalsekretär Klingbeil ist nicht zu beneiden. Seit er im Amt ist, wird der Dreck in seiner Partei immer tiefer. Um vom SPD-Morast abzulenken, wollte er den Ärger befeuern, der in der Union über die Postenausbeute der Koalitionsverhandlungen ausgebrochen ist – und blamiert dabei seine eigene Innung.

In der SPD spitzt sich der Kampf um den Kurs der Partei zu. Gremien- und Parteitagsbeschlüsse verlieren ihre Bindewirkung. Auf dem Bundesparteitag in Bonn beschlossen 56,4 Prozent der Delegierten, die große Koalition zu akzeptieren, wenn das Sondierungsergebnis nachgebessert wird. SPD-Linke und Jusos tragen den Beschluss nicht mit. Sie wollen erreichen, dass die Mitglieder bei ihrer Befragung die große Koalition unter allen Umständen ablehnen.

Seit drei Monaten teilt die SPD den Bürgern mit, was sie schon länger wissen: Die Partei befindet sich in miserablem Zustand. Ihr jüngster Schwächeanfall geht auf das Konto ihres linken Parteiflügels. Er ließ sich 20 Jahre lang immer wieder von der SPD-Rechten vorführen. Sie machte ihre Gefolgsleute Schröder, Steinmeier und Steinbrück zu Kanzlerkandidaten. Nach den Wahlniederlagen 2005, 2009 und 2013 drehte die SPD-Linke den Spieß um. Zur Wahl 2017 ergriff sie das Ruder. Und was geschah? Die SPD geriet noch tiefer ins Elend.

In der SPD machen sich Gepflogenheiten breit, die an schlecht geführte Hobbyvereine erinnern. Die Partei beschäftigt sich fast nur noch mit sich selbst. Sie befasst sich mit Sachverhalten, die außerhalb ihres Umfelds kaum von Belang sind. Die Führungsspitzen tragen ihre Differenzen öffentlich aus. Ihr Gerede fördert die Überzeugung: In der SPD haben Schwadroneure das Ruder übernommen.

Bei der Bundestagswahl wurden Union und SPD gestutzt. Sie schrumpften jeweils um ein Fünftel. Der Verlust vieler Mandate hat Folgen. In beiden Lagern brach Richtungsstreit aus. In der SPD wird der Ruck nach links verlangt, in der Union der Ruck nach rechts. In beiden Gruppierungen wächst der Wunsch, die Mitte zu räumen. Der Richtungsstreit belegt den Vorwurf: Union und SPD sind mehr mit ihren Problemen beschäftigt als mit den Sorgen der Bürger.

Nach der Bundestagswahl wird aufgeräumt. Linke, Grüne, AfD und FDP können sich gestärkt fühlen. Die beiden Volksparteien, die vier Jahre lang das Land regierten, wurden stark gerupft. Die Union kann sich trösten: Sie wurde wieder stärkste Kraft und behält die Option, die Bundesregierung anzuführen. Verlierer der Wahl ist die SPD. Sie fühlt sich von den Wählern schlecht behandelt. Sie reagiert heftig.

Die SPD ist für ihre Mitglieder und Anhänger in diesem Jahr zur Gondel einer Achterbahn geworden. Nach schnellem Anstieg auf ungeahnte Höhen befindet sie sich nun wieder auf Talfahrt. Dass SPD-Fans am Wahlabend fröhlich feiern werden, erscheint unwahrscheinlich. Mancher Anhänger wird wohl eher in sein Bierglas weinen. Die Erfolgsaussichten der Partei sind miserabel. Längst macht sich die Parteispitze Gedanken über die Zeit danach.