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April 2016

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Ein Jahr vor der NRW-Wahl 2017 stehen die Dinge für die NRW-CDU besser, als sie erhoffen konnte. Die rot-grüne Koalition ist ausgelaugt. SPD-Ministerpräsidentin Kraft wirkt ausgebrannt. Sie hat eine schlechte Leistungsbilanz und keinen Plan für die Zukunft des Landes – beste Voraussetzungen für einen Machtwechsel. Doch dass ihn die NRW-CDU herbeiführen kann, ist noch keineswegs ausgemacht.

Unter den Bundesländern geht es zu wie in der Bundesliga: Es gibt Spitzenreiter, Aufsteiger und Absteiger. Die Spitzenländer liegen im Süden, die Aufsteiger im Osten. Den Absteiger findet man im Westen. Kein Land ist seit der Wiedervereinigung derart abgesackt wie NRW. Je deutlicher der Niedergang wird, desto stärker ist die rot-grüne NRW-Koalition bemüht, die Missstände zu beschönigen.

Je näher die Bundestagswahl rückt, desto labiler wird Große Koalition. Über die Zuwanderung gerieten CDU und CSU aneinander. CSU-Chef Seehofer will das Zentrum der Union nach rechts verschieben. Über den Konflikt mit ihm sank Merkels Ansehen. Die SPD, die von immer schlechteren Umfragewerten gebeutelt ist, wittert die Chance, den Nimbus der Kanzlerin, die lange als unschlagbar galt, weiter zu beschädigen.

Die politische Kultur in Deutschland passt sich den Usancen des Internets an. Gerade noch wurde über die Flüchtlinge diskutiert, was das Zeug hielt. Im nächsten Atemzug wird nun mit der gleichen Inbrunst über Böhmermann palavert. Die Diskussion über ihn ist dabei, seinen umstrittenen TV-Beitrag in den Schatten zu stellen. Sie hat sich zur Realsatire ausgewachsen.

Man muss nicht jede Facette im Streit zwischen Seehofer und Merkel über die Flüchtlingspolitik für bare Münze nehmen. Die Schwesterparteien CDU und CSU haben jahrzehntelange Übung darin, ihre Differenzen auch als strategisches Rollenspiel zu inszenieren. Den beiden Parteien bietet die Bundestagswahl 2017 Anlass genug, sich auf diese Erfahrung zu besinnen und sie zu nutzen.

Seit Winfried Kretschmann begonnen hat, Geschichte zu schreiben, hört er nicht mehr damit auf. Zuerst wurde er zum ersten grünen Ministerpräsidenten. Dann machte er Baden-Württembergs Grüne mit 30,3 Prozent zur regionalen Volkspartei und auch zur stärksten Partei. Nun ist er auch noch – nach einer ZDF-Umfrage – zum beliebtesten Politiker Deutschlands aufgestiegen. Ist das von Bedeutung? Was sagt uns das? Denken wir diese Entwicklung einfach mal weiter.

Das NRW-Innenministerium soll versucht haben, eine Vergewaltigung in der Silvesternacht in Köln zu verschweigen und eine Meldung der Kölner Polizei über das Verbrechen am Neujahrstag zu manipulieren. Innenminister Jäger (SPD) bestreitet diesen Vorwurf entschieden. Es kommt nicht ungefähr, dass er sich dem Vorwurf der Vertuschung ausgesetzt sieht. Bei der Loveparade-Katastrophe 2010 schreckte er nicht davor zurück, die Ermittlung der Unglücksursachen massiv zu beeinflussen.

Im Konflikt zwischen CDU und CSU ist die SPD hilfloser Zuschauer. Die CDU versucht, Seehofer in die Ecke zu stellen und als Dauernörgler abzustempeln. Das Referendum in den Niederlanden bekommt durch die Medienresonanz mehr Gewicht, als ihm zusteht. NRW-Ministerpräsidentin Kraft demonstriert, dass sie so gut wie nichts mehr im Köcher hat.

Die nostalgische Hinwendung zu den guten alten Zeiten drückt sich in der Politik besonders anrührend im Kult um die früheren Bundeskanzler aus. Kaum sind sie aus dem Amt, werden sie als Altkanzler tituliert, so als seien sie durch den Amtsverlust selig gesprochen. Dabei sind sie doch nur ehemalige Politiker, die ihre Zeit hinter sich haben: Die einst Erfolgreichen beendeten ihre politische Karriere als Gescheiterte.