(uh) Die TV-Wahlberichterstattung leidet unter den Auftritten der Politiker. Das war am Sonntag wieder zu beobachten. Da feierten sich Zweitplatzierte als Sieger, und Stimmverluste wurden als Erfolg beschönigt. Die Politiker versuchen, Sichtweisen zu prägen, oft mit der Absicht, unangenehmen Fakten zu verschleiern. Befreit man sich von der Bevormundung, zeigt die Kommunalwahl in NRW einige interessante Trends.

Versponnene Selbstwahrnehmung

Die Volksparteien treten auf der Stelle. Die SPD schafft es gerade eben, ihr verheerendes Wahlresultat von 2009 halbwegs auszubügeln. Sie steht nun wieder auf dem Stand von 2004. Das Ergebnis war damals das schlechteste nach dem Krieg. Es wurde 2009 noch unterboten.

Auch die CDU entwickelt sich nicht weiter. Sie bleibt wie schon 2009 unter der 40-Prozent-Grenze hängen. 1999 erreichte sie 50,3 Prozent, 2004 kam sie immerhin noch auf 43,4 Prozent. Die Zeiten, als für die CDU Resultate deutlich über 40 Prozent noch selbstverständlich waren, scheinen vorbei.

Die SPD feiert als Erfolg, dass sie sich als zweitrangige kommunale Kraft in NRW auf niedrigem Niveau ein wenig gefestigt hat. Die CDU beschönigt ihre Stagnation, indem sie ihr Kommunalwahl-Resultat am erbärmlichen Landtagswahlergebnis 2012 misst. Dass beide Parteien in den nächsten Jahren Fortschritte erzielen, ist bei ihrer versponnenen Selbstwahrnehmung eher unwahrscheinlich.

Schlüsselrolle der Grünen

Seit vielen Jahren redet die CDU nun schon davon, sie wolle ihre Position in den Städten und Ballungsräumen stärken. Sie setzt diese Absicht jedoch nicht in die Tat um. Vielerorts fehlt es ihr an überzeugendem Personal und zündenden Ideen. In vielen Großstädten verschlechtert sie sich.

Auch die SPD leidet an Gewichts- und Bedeutungsverlust. Sie redet immer noch von ihrer Hochburg Ruhrgebiet. Dabei liegt sie dort in zwei von drei Kreisen und in sieben von elf Großstädten deutlich unter 40 Prozent. Auf dem Land spielt sie eine ähnlich klägliche Rolle wie die CDU in den Städten. Die SPD hat offenbar keinen Plan, wie sie ihre Position in den ländlichen Regionen verbessern könnte.

In den Räten fällt es den schwächelnden Volksparteien zunehmend schwerer, Zweier-Koalitionen zu bilden. Die FDP bringt nicht mehr genug auf die Waage, die Zahl der kleinen Parteien hat in den Räten zugenommen. Auch diese Entwicklung erschwert stabile Koalitionen. Vielerorts geraten die Grünen in eine Schlüsselrolle.

Strafende Wähler

Ihnen bietet sich – auch als Folge der FDP-Schwäche – nun die Chance, die Koalitionen mit der CDU zu vermehren und sich ein Stück weit von der Fixierung auf die SPD zu befreien, die sie bei der vergangenen Bundestagswahl teuer zu stehen kam.

Mit dem Blick auf die Bundestags- und die Landtagswahl 2017 könnten die Grünen ihren kommunalpolitischen Einfluss ausdehnen, ihren Gestaltungsspielraum vergrößern und die Grundlage dafür legen, dass sie nach 2017 in Berlin und Düsseldorf wieder mitregieren.

Die Kommunalwahl zeigt auch: Bringen die Parteien vor Ort den Generationswechsel nicht rechtzeitig und harmonisch voran, bestraft sie der anspruchsvolle, mobile Teil der Wähler. Düsseldorf, Dortmund, Oberhausen und Mülheim sind Beispiele für diesen Trend.

Zweifel an Wahlkämpferqualitäten

In Düsseldorf kann man exemplarisch beobachten, wie der Nachfolger an den Maßstäben scheitert, die sein Vorgänger setzte. Erwin entwickelte die Stadt weiter. Elbers verwaltet sie. Das genügt vielen Bürgern nicht mehr. Sie erwarten, dass Politiker mit Impulsen von sich Reden machen, statt sich mit Inszenierungen ins Gerede zu bringen.

In Monheim ist zu studieren, wie man die Bürger gewinnt. Die Jugendpartei Peto des jungen Bürgermeisters Zimmermann kam auf 65,6 Prozent. Sie marginalisierte CDU und SPD. Er selbst wurde mit 94,6 Prozent gewählt. Beide Volksparteien gaben sich schon vor der Wahl geschlagen. Sie verzichteten auf Gegenkandidaten.

Die Kommunalwahl war auch ein Test für die Landtagswahl 2017. Aus heutiger Sicht müssten dann SPD-Landeschefin Kraft und CDU-Landeschef Laschet um das Amt des Ministerpräsidenten konkurrieren. Sie wurden von ihren Landtagsfraktionen aufmerksam beobachtet. Dort wird man registriert haben, dass es beide nicht vermochten, im Wahlkampf deutliche Akzente zu setzen. Sie weckten eher Zweifel an ihren Wahlkämpferqualitäten.


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4 Comments

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  2. Martin Böttger Reply

    Ihre Vorliebe für Monheim ist mir schon mal aufgefallen. Die Stadt hat 40.000 Einwohner, ist also ungefähr halb so groß wie Gladbeck. Wer da als Politiker keine Bürgernähe hinkriegt, ist wirklich ein tragischer Fall ….

    • Ulrich Horn Reply

      Es ist schön zu sehen, dass es den meisten Wählern in Monheim gefällt, dort zu leben. Sie zeigen es mit dem Wahlergebnis. 65,6 Prozent für Peto und 94,6 Prozent für Zimmermann – das ist schon beachtlich, ebenso wie die Leistungen, die hinter diesem Ergebnis stehen.

      • Düsselbarsch Reply

        Aber es scheint ein singulärer Fall zu sein. „Ein, zwei, viele Monheims“ sind am Horizont nicht auszumachen.
        Vielleicht zeigt Monheim gerade die Größe einer Kommune auf, die unter den heutigen Verhältnissen mit libertären Ansätzen selbstregiert werden könnte.

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