(uh) Die Skala für die Entwicklung von Städten ist nach unten offen. Diese Annahme bestätigt sich beim Blick auf Duisburg. Der Niedergang der Stadt findet keine Talsohle. Das politische Versagen greift um sich wie Schimmelpilz. Duisburgs Finanzlage ist katastrophal, unter Geldmangel und unmäßiger Armutsimmigration verwahrlosen ganze Stadtviertel. Und nun hat sich die Stadt auch noch zum Zentrum eines Bandeskrieges entwickelt.

Unter Problem-Bergen verschütt gegangen

Seit Monaten tragen verfeindete Rockerbanden, die mit Prostitution, Drogen- und Waffenhandel Geschäfte machen, ihre Verteilungskämpfe mit großer Brutalität in und um Duisburg aus. Schießen, Stechen und Schlägereien auf offener Straße sind beinahe an der Tagesordnung. Gelegentlich fliegen sogar Granaten. Inzwischen fließt auch Blut. Es gibt Tote. Duisburg entwickelt sich zur Bronx des Ruhrgebiets. Der Strukturwandel dieser Stadt läuft in die falsche Richtung.

Der Bandenkrieg greift längst über die Grenzen der Stadt und des Landes hinaus. Auch Banden aus Holland machen sich breit. Duisburg unterhält eines der größten und einträglichsten Bordell-Zentren der Republik. Es ist eine der Quellen, aus denen sich die kriminellen Banden finanzieren. Die Polizei, die in Duisburg zeitweise in Bataillonsstärke auffährt, sieht sich an ihren Grenzen.

Die rot-rot-grüne Ratskoalition und die Verwaltungsspitze der Stadt scheinen hoffnungslos überfordert. Seit der CDU-Oberbürgermeister Sauerland über die Loveparade-Katastrophe gestürzt und von einen jungen, unerfahrenen SPD-Landtagsabgeordneten ersetzt wurde, scheint es so, als seien die Politiker und die Politik in Duisburg unter den Problem-Bergen verschütt gegangen.

Feuer bisher nicht gelöscht

Die Ratskoalition konzentrierte sich nach dem Führungswechsel darauf, lukrative Posten zu schaffen und ihre Parteigänger zu versorgen, statt sich um die Probleme der Stadt zu kümmern. Die Bürgerinitiative, die den Führungswechsel betrieb, zog ein Jahr danach eine ernüchternde Bilanz. Tief enttäuscht stellte sie: In Duisburg tue sich so gut wie nichts.

NRW-Innenminister Jäger (SPD) hatte zu Beginn seiner Amtszeit alle Hände voll zu tun, sich gegen Parteispenden-Vorwürfe zu wehren und sich aus dem Strudel um den Loveparade-Skandal herauszuwinden. Während die Zeitungen längst über Rocker-Kämpfe berichteten, war von Jäger nichts hören. So gewann das Problem weitgehend unbehindert größere Ausmaße. Erst vor der Landtagswahl 2012 machte Jäger mobil. Doch bis heute konnte er das Feuer nicht löschen und die Rocker nicht an die Kette legen.

Der Bandenkrieg kann nicht nur für friedliche Bürger, sondern auch für Jäger und die rot-grüne NRW-Koalition gefährlich werden. Jäger ist Chef der Duisburger SPD. Gelingt es ihm nicht bald, den Krieg zu beenden, werden die Bürger ihn, die SPD und die Landesregierung verantwortlich machen. Das Problem wird dann schnell bei Ministerpräsidentin Kraft landen. Die Landesmutter könnte Schaden nehmen, wenn sich die Landeskinder wegen wachsender Unsicherheit in NRW schlecht behütet fühlen.

Von der CDU nichts zu hören

Dass ihr die Opposition Probleme bereitet, muss Kraft nicht fürchten. Weder die Landes-CDU noch die Landtagsfraktion haben bisher auf den Rockerkrieg reagiert. Auch an der CDU Ruhr, zu deren Bezirk Duisburg gehört, ging er offenbar vorbei. Bei der Landtagswahl gewann die CDU im Ruhrgebiet zwar ein Dutzend Mandate. Dennoch spielt sie kaum eine Rolle. Derzeit ist sie vollauf mit sich selbst beschäftigt. Sie ist dabei, sich um die Karrieren ihrer Funktionäre zu kümmern und deren Platzierung auf der Reserveliste für die Bundestagswahl auszufeilschen.

Die NRW-CDU hat sich zwar zum Ziel gesetzt, ihre Wirtschaftskompetenz zu erneuern, die sie in der kurzen Ära Röttgen/Wittke einbüßte. Dass der Rockerkrieg dem Wirtschaftsstandort Duisburg-Ruhrgebiet-NRW schadet, ist ihr bisher jedoch nicht in den Sinn gekommen.

Und so bleibt es den Unternehmern im Revier und am Niederrhein vorbehalten, sich um den Standort zu sorgen. Ein solches Ausmaß an Kriminalität und Gewalt dürfe nicht zum Dauerzustand werden, fordert Heinz Lison,  der Sprecher der regionalen Wirtschaft. „In der nationalen Berichterstattung gewinnt man den Eindruck, als ob Duisburg das Zentrum der Kriminalität in Deutschland ist.“  Duisburg leide massiv unter negativen Schlagzeilen. „Wie sollen wir um Investitionen und Fachkräfte werben, wenn hier solche Verhältnisse herrschen?“

Nicht für alle Fachkräfte und Investoren ist der Standort Duisburg unattraktiv. Zumindest die Rocker schlagen sich darum, in der Stadt Fuß zu fassen und Umsatz zu machen.

4 Comments

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  3. Wenn eine Region zur „Bronx verkommt“, wie hier geschildert, dann hat das wohl mit der Moral zu tun. Einer moralischen Verantwortlichkeit oder einem Egoismus derer, die sich mit und in den „Verhältnissen“ einrichten.
    Werte zu vertreten, „für die man sich nichts kaufen kann“, sind in der Bronx out, da schaut man lieber, wie man sich in „feinere Viertel“ absetzen kann, wo die Verhältnisse noch bürgerlich und selbstverantwortlicher funktionieren, ohne selbst wirklich diese bürgerliche Gesellschaft als wertkonservativ und stabilisierend zu mögen und zu vertreten. Das Dilemma einer politischen Einstellung, sich in einer sozial-ökologischen gesellschafts-politischen Denkfalle, als politisch engagierte Personen verirren können und einer entsprechend sogenannten Transformation Tor und Tür öffnen, schafft eben auch eine Bronx, in der sich diese Zustände ausbreiten, über die man anschließend mehr oder weniger entsetzt ist.
    Wer die Selbstverantwortung des Einzelnen und eine entsprechende Moral als bürgerlich überkommen ablehnt fördert chaotische Strukturen, in denen sich andere Rechtsauffassungen breit machen, die z.B. vom BGB abweichen.
    Von nix kommt nix.

  4. Ich weiss nicht, ob das bewusst oder unbewusst geschah, denn man muss ja leider sagen, dass Duisburg eben nicht wie die ‚Bronx‘ ist und auch nicht so, wie die Bronx vielleicht vor 30 Jahren mal war, bevor der Aufschwung einsetzte. Duisburg ist jetzt eher ein Teil New Jersey’s, wo die Armut und zum Teil die Kriminaliaet abgedraengt wurde, als die stetige Gentrifizierung von NYC einsetzte. Oder Detroit nur eben ohne Stahl- statt Autoindustrie. Das entwertet natuerlich nicht das Kernargument des Artikels, nur muss man eben vorsichtig sein, dass man wirklich zukunftsweisende Strategien und Entwuerfe findet und sich nicht an veralterten Bildern von Kriminaliaet und Rockerbanden festklammert.

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