(uh) Der Kanzlerkandidat sollte der SPD nach Jahren des Siechtums unterhalb der 30 Prozent-Marke Auftrieb bringen. Das Ziel ist – vorerst – verfehlt. Statt die Partei zu beflügeln, wurde ihr Steinbrück zur Bürde. Die Diskussion um seine ungenügende Parlamentsarbeit, ausufernde Nebentätigkeit und sprudelnden Millionen-Einnahmen zeigt Wirkung.

Mitglieder und Anhänger leiden

Der Kandidat hat sich beschädigt. Er schadet auch der Partei. Bis zu seiner Krönung auf dem Parteitag Anfang Dezember kann sich die Talfahrt noch beschleunigen. Die Umfragen verheißen nichts Gutes.

Werden die Delegierten diesen Kandidaten, der die Partei Stimmen und seine Parteifreunde Mandate kosten kann, auf dem Parteitag ausreichend unterstützen? Man kann sich kaum vorstellen, dass sie ihm aus Überzeugung den Rücken stärken werden.

Viele Mitglieder und Anhänger der SPD leiden an Steinbrück. Die Zahl derjenigen, die sich von seinem Hantieren betroffen fühlen, hat sich während der Debatte um seine Nebentätigkeit vergrößert. Vielen ist inzwischen bewusst, dass sie ihn sich nicht ausgesucht haben.

Ohne parteiinternes Auswahlverfahren

Er wurde der Partei aufgepfropft. Über sie hinweg beschlossen Steinbrück, Steinmeier und Gabriel, dass nur einer von ihnen Kandidat würde. Die Wahl fiel auf Steinbrück, nicht, weil er der beste Bewerber wäre, sondern weil ihn eine Niederlage am wenigsten schmerzt. Die SPD fügte sich willenlos. Nicht zum ersten Mal.

Die Partei hat ihre Fügsamkeit längst zum Markenzeichen entwickelt. Seit langem lässt sie sich bevormunden. Wichtige Personal- und Sachentscheidungen tritt sie an Solisten ab. Sie nutzen die Partei als Instrument für ihre Ambitionen. Schröder wurde gegen Parteichef Lafontaine Kanzlerkandidat, ohne parteiinternes Auswahlverfahren. Das gab es auch nicht, als  Clement und Steinbrück  in NRW Ministerpräsident wurden.

Die Entscheidung für dieses Personal fiel an der SPD vorbei. Sie durfte die vollendeten Tatsachen nachträglich sanktionieren. Das gleiche passierte ihr selbst bei ihrem tiefgreifenden inhaltlichen Kurswechsel. Die Agenda-Politik ließ sie sich von Schröder, Müntefering und Steinmeier aufzwingen. Diese Fügsamkeit kam die SPD teuer zu stehen. Sie verlor ein Drittel ihrer Mitglieder, ein Drittel ihrer Wähler und die Macht im Bund und in NRW.

Spielball von Karrieristen

Volksparteien machen ihre Chefs zu Spitzenkandidaten. Nicht die SPD. Sie macht sich für Gabriel nicht stark. Sie wertet ihn damit ab und schwächt sich so auch selbst. Wie schauen die Wähler auf eine Partei, die ihren Vorsitzenden nicht für wert erachtet, das Land zu regieren?

Vorsitz und Kanzlerkandidatur werden in der SPD unter dem Vorwand geteilt, dieses Modell habe 1998 Schröder ins Kanzleramt gebracht. Ein Argument, das dazu dient, die SPD im Tiefschlag zu halten. Es war nicht ihre Kampfkraft, sondern Kohls Schwäche, die der Partei den Weg ins Kanzleramt ebnete. 2009 schlug das Modell fürchterlich fehl.

Eine Partei, die sich die Hoheit über Personal- und Sachfragen wegnehmen lässt, gibt sich auf. Sie wird zum Spielball von Karrieristen. Warum sollten ihr die Wähler folgen? Parteien, die kein Zutrauen zu sich zeigen, gewinnen kein Vertrauen. Wenn dann noch ihr Kandidat floppt, den viele Mitglieder nicht wollen, wird ihre Lage vollends prekär. Ob die SPD das merkt?

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