Am 13. November kann Sigmar Gabriel ein Jubiläum feiern. Er ist dann sieben Jahre lang SPD-Chef. Sein Start fiel, man glaubt es kaum, auf einen Freitag. Damals lag die SPD bei 23 Prozent. Heute schwankt sie zwischen 22 und 23 Prozent. Inzwischen kann man bilanzieren: Gabriel klebt das Pech an den Händen, ein Umstand, der sein Fingerspitzengefühl einschränkt, wie jüngst gleich mehrfach zu beobachten war.
Der SPD sind 20 Prozent bei der Sonntagsfrage offenbar noch zu viel. Als wollte sie sich dem Umfrageniveau der Grünen weiter annähern, palavert die SPD wieder einmal über die Koalitionsfrage. 2013 entschied sich die Partei für die Große Koalition. Jetzt spricht ihr Vorsitzender Gabriel von einer Kurskorrektur. Für die Bundestagswahl 2017 bringt er Rot-Rot-Grün ins Gespräch. Kann man diesen Plan ernst nehmen?
Die SPD tut wieder einmal, was sie am liebsten tut. Sie beschäftigt sich mit sich selbst. Sie tut das, weil sie keinen Zulauf findet. Dass Selbstbeschäftigung Zulauf verhindert, befürchtet sie nicht. Sie geht davon aus, dass ihre internen Konflikte die Bürger faszinieren und zu SPD-Fans machen. Die SPD-Linken sind dabei, Parteichef Gabriel zu demontieren. Außerdem dringen sie auf einen Politikwechsel, der mit einem Koalitionswechsel verbunden wird. Selbst die betuliche NRW-SPD ist in diesem Machtkampf zum Kampfgebiet geworden.
Vor der Volksabstimmung in Griechenland haben sich die Regierung Tsipras und die Eurostaaten nichts mehr zu sagen. Sie reden nicht miteinander, sondern übereinander. Es macht sich der Eindruck breit: Wie immer die Volksabstimmung auch ausgeht – die Regierung Tsipras wird wohl auf der Strecke bleiben. In Deutschland hat sie nur noch einen engen Verbündeten – die Partei DieLinke. Sie gerät mit Tsipras ins Abseits.
Seit David den Goliath fällte, tun Große und Starke gut daran, sich vor Kleinen in acht zu nehmen. Tsipras wurde mit mageren 36,3 Prozent Regierungschef in Griechenland. Nun ist er mit seinem kleinen Land dabei, die Eurozone auseinanderzubrechen. Ähnlich wie ihr ergeht es SPD-Chef Gabriel. Der linke Flügel seiner Partei ist dabei, den Vizekanzler und Bundeswirtschaftsminister nach allen Regeln der Kunst zu demontieren.
Für die Bundeskanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel verlief das jüngste Wochenende glänzend, für das linke Lager des politischen Spektrums dagegen schlecht. Vor allem die Vertreter der linken Flügel von SPD und Grünen erlebten einen schwarzen Sonntag.
Die SPD könnte längst den Kanzler stellen, behauptet der Chef der linken Bundestagsfraktion, Gregor Gysi. Er kommt daher, als wolle er der SPD und ihrem Vorsitzenden Gabriel Mut machen. Tatsächlich aber vergrößert er ihre Probleme: Er verschärft den Richtungskampf unter den Sozialdemokraten.
Bundespräsident Gauck wollte eine Debatte über die Linke in Gang setzen. Das ist ihm nicht so recht gelungen. Statt über die Linke wird über ihn diskutiert. Allerdings gelang es ihm, die geplante rot-rot-grüne Koalition in Thüringen zu einem bundesweiten Thema zu machen – zum Ärger der beteiligten Parteien.
Wer geht aus der Großen Koalition in Berlin als Gewinner hervor – die Union oder die SPD? Beide Seiten versuchen, sich Optionen für die Bundestagswahl 2017 zu schaffen. Beide nutzen dazu die Bundesländer.
(uh) Der SPD fällt es schwer, sich ihre Defizite einzugestehen. Sie hat sie über Jahre wuchern lassen. Da gewöhnt man sich an sie. Im Wahlkampf traten sie massiv zu Tage. Der Wähler übersah sie nicht und reagierte: Er verschaffte der Partei das zweitschlechteste Bundestagswahl-Ergebnis. Nach der Wahl wird nun auch sichtbar: Die SPD warb zwar darum, zur Regierungspartei gewählt zu werden. Sie hat jedoch Mühe, sich regierungsfähig aufzustellen.