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Vor der Hessenwahl überschlagen sich die Spekulationen über deren Ausgang und dessen Auswirkungen auf die Bundespolitik. Die Medien und die Parteien scheinen im Fieberrausch. Fast alles scheint möglich und auch wieder nicht. In den letzten Tagen vor der Wahl schüren die Parteien die Spekulationen, um die Wähler für sich einzunehmen und die Anhänger der Konkurrenten zu demotivieren.

Die Unterhändler der vier Jamaika-Parteien sind nicht zu beneiden. Einerseits müssen sie dem Wahlergebnis und dem Verfall der SPD Rechnung tragen: Nur die vier Jamaika-Parteien können eine mehrheitsfähige Regierung bilden. Andererseits erwarten die Aktivisten dieser Parteien, dass Anliegen gerade ihrer Partei in der Jamaika-Koalition ungetrübt zum Ausdruck kommen. Beide Umstände sind unvereinbar.

Bei der Bundestagswahl wurden Union und SPD gestutzt. Sie schrumpften jeweils um ein Fünftel. Der Verlust vieler Mandate hat Folgen. In beiden Lagern brach Richtungsstreit aus. In der SPD wird der Ruck nach links verlangt, in der Union der Ruck nach rechts. In beiden Gruppierungen wächst der Wunsch, die Mitte zu räumen. Der Richtungsstreit belegt den Vorwurf: Union und SPD sind mehr mit ihren Problemen beschäftigt als mit den Sorgen der Bürger.

(uh) Der Wähler hat seine Pflicht erfüllt. Er hat gewählt. Er wünscht eine Regierung. Noch haben die Sondierungsgespräche der Parteien nicht begonnen, da legen ihre Politiker schon die Hürden hoch. Es ist die große Stunde der Dampfplauderer. Sie vermitteln den Eindruck, der Wählerauftrag laute nicht, die Regierung zu bilden, sondern sie zu verhindern.

(uh) Die Bundestagswahl zerstört Lebenslügen. FDP und Grüne nehmen sich das Wählervotum zu Herzen und stellen sich neu auf. Sie wechseln sogar ihr Führungspersonal aus. Die CDU plant, Positionen zu räumen, die einer Koalition im Wege stehen. Nur SPD und Linke tun sich schwer. Die Linke träumt weiter von Rot-Rot-Grün. Die SPD steht ratlos da.

(uh) Großes Theater nach der Bundestagswahl hat in der SPD Tradition. 2005 war sie zwar nur zweitstärkste Partei, wollte aber partout den Kanzler stellen. Erst nach Wochen und peinlichem Gezerre fügte sie sich dem Wählerwillen. Nach der Wahl am 22. September 2013 könnte die Partei eine Neuinszenierung aufführen.

(uh) Für die Medien ist Christian Lindner ein Geschenk des Himmels. Sie nehmen es dankbar an. Unter dem endlosen Palaver der Talkshows hat sich die politische Berichterstattung den Gepflogenheiten des Showbusiness angepasst. Sie behandelt ihn wie einen Schlagersänger oder Filmstar. Es geht weniger um Aufklärung als um Inszenierung und Verklärung. Dieses Geschäft lebt von Übertreibung. Lindner wird sogar zum Messias stilisiert.

(uh) Mit dem Einzug ins NRW-Parlament 2010 verband die Linke große Hoffnungen. Erst 2007 gegründet, wollte sie sich in NRW als dauerhafte Kraft etablieren. Außerdem wollte sie als Zünglein an der Waage das Land aus der Opposition heraus mitgestalten. Beides ist ihr nur sehr unzureichend gelungen.

(uh) Der NRW-CDU bleibt nichts erspart. Seit dem Landtagswahlkampf 2010 ist die Partei desolat. Seither weiß sie, dass sie jede Menge Probleme hat. Nun hat sie noch ein weiteres, ein ziemlich großes: ihren Vorsitzenden Norbert Röttgen. Er bringt es fertig, den Wahlkampfauftakt für die Neuwahl 2012 mit Karacho in den Sand zu setzen. Schlimmer kann es für eine Partei nicht kommen.

(uh) Das Ende der rot-grünen Minderheitsregierung in NRW kam plötzlich, aber für viele Abgeordnete nicht unerwartet. Dass es nun Neuwahlen gibt, spielt SPD, CDU und Grünen in die Hände. Sie verbreiten die Legende, sie seien vom Gang der Dinge überrascht. Dabei wollen sie nur nicht als Urheber der Neuwahlen gelten. Gern nahmen sie die FDP-Vorlage auf und vollstreckten sie. Nun zeigen sie auf die FDP und rufen: „Selbsttor“.