Tag

Neuwahl

Browsing

Bayerns Ministerpräsident, CSU-Chef Söder, verlangt, das Bundeskabinett zu verjüngen. Deutschland müsse schneller erneuert werden. Veränderungsbedarf sieht er in der Wirtschaftspolitik. Sie ist nicht bei der CSU angesiedelt, sondern bei der CDU. In Koalitionen gilt: Jeder Partner besetzt seine Ressorts nach eigenem Belieben. Weil Söder dieses Prinzip tangierte, fand er starken Nachhall. Es scheint, als sitze er so fest im Sattel, dass er der CDU-Kanzlerin Merkel Vorschriften machen könne. Doch der Schein trügt. Fest im Sattel sitzt nicht er, sondern sie.

Keine Partei hat etwas zu verschenken. Die SPD schon gar nicht. Warum sollte sie der Union helfen, sich unter besten Bedingungen zu erneuern? Wer will der SPD verübeln, dass sie sich dagegen wehrt, während der Legislaturperiode einen fliegenden Wechsel von Merkel zu Kramp-Karrenbauer hinzunehmen und die neue CDU-Chefin für die Bundestagswahl 2021 mit dem Kanzlerinnenbonus zu beglücken? Die SPD ist zwar für manchen Blödsinn gut. So töricht aber ist sie nicht.

Bei der Bundestagswahl verpassten die Wähler der SPD einen Denkzettel. Er galt nicht ihrer Regierungsleistung in der großen Koalition. Er war die Quittung für ihre Fehlleistungen in einigen Bundesländern und im Bundestagswahlkampf. Seit Schulz Gabriel ablöste, zerlegt sich die Partei Schritt für Schritt in ihre Bestandteile. Der Dilettantismus ist in der Partei auf dem Vormarsch. Er treibt sie in den Verfall.

Gerade erst wurde die SPD mit ihrem schlechtesten Bundestagswahlergebnis abgestraft, schon legt sie die Grundlagen für ihren weiteren Absturz. Früher verbarg sie ihre Defizite. Heute präsentiert sie sich offenherzig. Wie die FDP ist auch sie von Ausgang der Bundestagswahl überfordert. Die FDP gab vor, die Jamaika-Koalition zu sondieren, warf aber, als es ernst wurde, die Brocken hin. Die SPD treibt es noch toller.

Im Bundestagswahlkampf machte sich SPD-Chef Schulz lächerlich. Er kämpfte um die Kanzlerschaft, obwohl die SPD viel zu schwach war, den Kanzler zu stellen. Nach der Wahl sollte Schluss sein mit dem Selbstbetrug. Schulz verkündete, er führe die SPD, ihrer Schwäche Rechnung tragend, in die Opposition. Doch auch das schafft er nicht. Er ist gezwungen, die Partei an der Regierung zu beteiligen. Der Eindruck, er mache sich lächerlich, will nicht weichen.

Am 19. März wurde Martin Schulz mit 100 Prozent der Stimmen zum SPD-Chef gewählt. Damals ging es der SPD schlecht. Heute, acht Monate später, geht es der Partei noch schlechter. Die Wähler stutzten sie bei der Bundestagswahl im September auf 20,5 Prozent zurück. Sie verlor 20 Prozent ihrer Bundestagsmandate. Das reicht Schulz offenbar nicht. Seither veranstaltet er Bundeszauber und verspielt dabei seinen Kredit.

Deutschlands Parteien stecken in der Krise. Das Ergebnis der Bundestagswahl im September hat sie überfordert. Sie haben sich bei der Regierungsbildung zur Lachnummer gemacht. Die meisten sind unfähig oder unwillig, das Land zu regieren. Auch das Lager der bürgerlichen Parteien versagt vor dieser Aufgabe. Dabei sind die Bedingungen zur politischen Gestaltung so gut wie nie und der Bedarf an politischer Gestaltung zu groß wie lange nicht mehr.

Der Wunsch der Wähler ist aus dem Resultat der Bundestagswahl nicht eindeutig abzuleiten. Sie legt zwei Koalitionen nahe: die Jamaika- und die große Koalition. Die SPD will nicht regieren. Deshalb handeln derzeit CDU, CSU, FDP und Grüne aus, ob sie regieren können. Über die Dauer der Sondierungsgespräche macht sich Unmut breit. Er stellt nicht in Rechnung, dass sie unter extremen Bedingungen stattfinden.

In der SPD machen sich Gepflogenheiten breit, die an schlecht geführte Hobbyvereine erinnern. Die Partei beschäftigt sich fast nur noch mit sich selbst. Sie befasst sich mit Sachverhalten, die außerhalb ihres Umfelds kaum von Belang sind. Die Führungsspitzen tragen ihre Differenzen öffentlich aus. Ihr Gerede fördert die Überzeugung: In der SPD haben Schwadroneure das Ruder übernommen.

Tsipras kommt Griechenland und Europa teuer zu stehen. Er brauchte ein halbes Jahr, um zu begreifen, dass die meisten Griechen im Euro bleiben wollen und er das Land reformieren muss, um diesen Wunsch zu erfüllen. Dieser Einsicht hätte er früher nachkommen können. Griechenland und Europa wäre dann vieles erspart geblieben.