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Noch haben die SPD-Mitglieder nicht entschieden, wer die nächste Parteispitze bilden soll. Ein Ergebnis der Suche steht jedoch schon fest: Die Mitgliederbefragung sollte die Mitglieder mobilisieren, die Partei erneuern und sie gegenüber ihren Konkurrenten nach vorne bringen. Alle drei Ziele wurden bisher verfehlt. Die SPD muss sich darauf einstellen, dass sich ihr Niedergang auch unter der neuen Führungsspitze fortsetzen wird.

(uh) Der SPD ist kaum noch zu helfen. Mühsam rappelte sie sich nach der Wahlniederlage auf und rang sich zur großen Koalition durch. Schon schien es, als könnte sie die Union ein wenig an die Wand drücken und dem 20 Prozent-Gefängnis entfliehen. Doch dann verhedderte sich die SPD im Fall Edathy/Oppermann. Prompt fiel sie in einer Umfrage um zwei auf 22 Prozent zurück. Den Absturz hat sie sich selbst zuzuschreiben. Sie will aus Schaden partout nicht klug werden.

(uh) Die Politik hat es versäumt, sich Verhaltensregeln zu geben. Seit zehn Jahren liegt die UN-Konvention gegen Korruption auf dem Tisch. Der Bundestag hat sie nicht umgesetzt. Nun erst wollen Union und SPD die Bestechung von Abgeordneten schärfer regeln. Das reicht nicht aus. Die Politik braucht einen umfassenden Verhaltenskodex, wie es ihn für die Wirtschaft schon seit längerem gibt.

(uh) Politiker, die Geldgeschäfte in Steueroasen abwickeln, um Steuern zu sparen, werfen Fragen auf. Sie stellen sich in schiefes Licht. Linssen trägt diesem Umstand Rechnung. Er nimmt seinen Hut. Er erweist sich einen Gefallen – und seiner Partei auch. Sie kann sich erleichtert fühlen – anders als die SPD. Ihr bietet Linssens Rücktritt nur eine kurze Genugtuung. Die SPD hängt an ihrem Regierenden Bürgermeister Wowereit fest.

(uh) Kaum zwei Monate im Amt, streiten sich die Partner der schwarz-roten Koalition wie die Kesselflicker. Hart und heftig attackieren sie sich wegen ihres Personals. SPD und CDU gehen aufeinander los, als seien sie nicht Partner für eine Legislaturperiode, sondern Gegner, die schnell eine günstige Ausgangslage für Neuwahlen zu suchen.

(uh) Urplötzlich kocht das Thema Steuerhinterziehung hoch. Neben dem Betrugsfall des Berliner SPD-Staatssekretärs Schmitz tauchen zwei weitere Steuerfälle auf: die Sachen Schwarzer und Linssen (CDU). Ein Zufall? Parteipolitisch skandalös ist nur der Fall Schmitz. Er betrifft auch die SPD, weil Berlins SPD-Bürgermeister Wowereit den Steuerbetrug seines Vertrauten nicht sanktionierte. Damit weckt er Zweifel an der Glaubwürdigkeit der SPD.

(uh) Die CDU in NRW ist nur begrenzt handlungsfähig. Das Führungspersonal bringt es nicht fertig, die 54 Kreisverbände auf eine Linie zu bringen. Die CDU-Kreise sind vorwiegend mit ihrem Eigenleben befasst, das viele auf Kosten des Landesverbandes führen. Ihn betrachten sie als Störfaktor. Sie behandeln ihn beinahe so, als sei er ein politischer Gegner.

(uh) Die NRW-CDU ist kein Kegelklub. Mit 154 000 Mitgliedern ist sie die stärkste NRW-Partei und der stärkster CDU-Landesverband. Sein Zustand beeinflusst das Wohl und Wehe der gesamten Partei. Das ist der NRW-CDU nicht immer bewusst. Sie tut oft das, was sie gut kann, ihr aber nicht gut tut. Sie beschäftigt sich mit sich selbst.

(uh) Als sich Bundesumweltminister Norbert Röttgen im Herbst 2010 um den Vorsitz der NRW-CDU bemühte, warnten Parteifreunde davor, ihn zu wählen. Der mitgliederstärkste CDU-Landesverband lasse sich nicht von Berlin aus lenken, argumentierten die Röttgen-Skeptiker. Der Landesvorsitz sei kein Teilzeitjob. Der Chef der größten Partei in NRW müsse ständig im Land sein und auch die CDU-Landtagsfraktion führen.