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Bundestagswahl 2017

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Ohne Superlative geht es nicht mehr. Sie klingen selbst im Echo der Lobeshymnen nach, die den SPD-Politiker Steinmeier zum Giganten hochjazzten. Seit klar ist, dass er Bundespräsident werden soll, sprießen die Vorschusslorbeeren himmelhoch. Den Bürgern wird beigepult, welches Juwel die SPD und das Bundeskabinett ziert. Viele Würdigungen des Mannes, die ihm Maß und Mitte zuschreiben, tun sich schwer, Maß und Mitte zu wahren.

Die Wahl des Bundespräsidenten ist für Spitzenpolitiker gefährlich. Sie bescherte CDU-Chefin Merkel bisher nur Pleiten. Sie verhalf den Präsidenten Köhler und Wulff zum Amt, die es vorzeitig aufgaben. Der noch amtierende Gauck wurde gegen Merkels Willen gewählt. Nun ist sogar schon die Suche nach dessen Nachfolger zur peinlichen Panne geraten – allerdings nicht für Merkel, sondern für SPD-Chef Gabriel.

Die NRW-Wahl im Mai 2017 gilt als Generalprobe für die Bundestagwahl im folgenden Herbst. Man sollte meinen, unter diesen Vorzeichen werde der NRW-Wahlkampf heftig werden. Doch damit ist eher nicht zu rechnen. Bleibt bis zur Wahl die politische Lage so, wie sie sich heute in den Umfragen abbildet, wird der Wahlkampf eher zurückhaltend ausfallen.

Seit Monaten wächst die Hysterie über die Zuwanderung und die AfD. Vorläufiger Höhepunkt: die Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern. So hilflos wie die Wähler in dem dünn besiedelten Bundesland erwiesen sich die Reaktionen auf das Wahlergebnis im Rest der Republik. 170 000 der 64,4 Millionen Wahlberechtigten in Deutschland stimmten für die AfD. Politik und Medien bliesen diesen Sachverhalt auf, als würden Peenemünde und Zinnowitz Deutschland zum Einsturz bringen.

Zehn Monate vor der NRW-Wahl im Mai 2017 wirkt die rot-grüne Landesregierung ausgelaugt. Sie wird von vielen Problemen beschwert. Das größte Problem hat sie mit sich selbst. Seit ihrer Wahl 2012 geht es bergab. Die Aussichten der rot-grünen Koalition, 2017 die Macht zu verteidigen, haben sich verschlechtert. Diesen Trend hat Ministerpräsidentin Kraft verstärkt und beschleunigt. Ihr Ansehen hat deutlich gelitten.

Seit acht Jahren ist Seehofer CSU-Chef und Ministerpräsident. Sieben Jahre lang hörte man von ihm fast nichts. Die CSU machte Schlagzeilen vor allem, weil einige ihrer Minister unrühmlich das Bundeskabinett verlassen mussten. Doch seit im Sommer 2015 die Flüchtlingszahlen anzogen, hat Seehofer das Rollenfach gewechselt. Der Schweiger erhob sich zum Terminator. Er lässt seinem Zerstörungsdrang freien Lauf. Die Union lässt ihn laufen. In zehn Monaten gelang ihm, was die SPD in zehn Jahren nicht schaffte: Er demolierte die CDU und ihre Vorsitzende, Bundeskanzlerin Merkel.

Je näher die Bundestagswahl rückt, desto labiler wird Große Koalition. Über die Zuwanderung gerieten CDU und CSU aneinander. CSU-Chef Seehofer will das Zentrum der Union nach rechts verschieben. Über den Konflikt mit ihm sank Merkels Ansehen. Die SPD, die von immer schlechteren Umfragewerten gebeutelt ist, wittert die Chance, den Nimbus der Kanzlerin, die lange als unschlagbar galt, weiter zu beschädigen.

Was will Seehofer? In der Sache: wesentlich weniger Zuwanderung. Politisch: Die CSU vor der Konkurrentin AfD schützen. Wie will er diese Ziele erreichen? Er möchte Merkel und die CDU zwingen, ihre Politik zu ändern, sogar über den Rechtsweg. Je länger diese Kurskorrektur auf sich warten lässt, desto deutlicher wird, dass sie ihm nicht reicht. Seehofers Angriffe laufen darauf hinaus, Merkel aus dem Amt zu mobben.

Die möglichen Spitzenkandidaten von Union und SPD für die Bundestagswahlen 2017 haben es schwer. Sie SPD beschädigte ihren Chef Gabriel mit einem schlechten Wahlresultat. CSU-Chef Seehofer bürstete Kanzlerin Merkel auf dem CSU-Parteitag wie ein Schulmädchen ab, das seine Hausaufgaben nicht gemacht hat. Schafft es Gabriel, Kanzlerkandidat zu werden? Wird Merkel seine Gegnerin?