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Bundestagswahl 2017

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Die Pandemie beschleunigt den Wandel in Wirtschaft und Gesellschaft. Die Politik sieht sich nicht mehr nur vor der Aufgabe, die Lebensbedingungen zu verbessern. Das Leben selbst und das Überleben sind zu ihren Themen geworden. Die Jugend hat ihr politisches Gewicht entdeckt und macht es wirksam geltend. Es zeichnen sich neue Bündnisse ab. Die Kommunalwahl in NRW macht deutlich: Die Mehrheit der Wähler sucht nach Kräften, die den Wandel gestalten und Sicherheit gewährleisten können.

Die SPD erfüllt alle Erwartungen. Ihre Funktionärskaste zeigte sich auf dem Parteitag gespalten. Der linke Flügel wollte den Koalitionsvertrag neu verhandeln und über diese Prozedur die Koalition platzen lassen. Der Plan schlug vorerst fehl, weil sich der rechte Flügel quer legte. Die SPD ist zu schwach, um den Koalitionskurs zu ändern. Ihr blieb nur übrig, sich selbst zu ändern. Doch auch dieses Vorhaben gelang ihr nicht so recht.

Der SPD geht es schlecht. Wie schlecht, zeigte sich auf dem Bonner Bundesparteitag. Bei den Delegierten, die sich dort trafen, handelt es sich vorwiegend Spitzenfunktionäre und Mandatsträger, also die Elite der Partei. Sie steckt in einer tiefen Krise. Sie ist über die Frage zerstritten: Wollen wir regieren oder opponieren? Eine Frage, die sich in einer vitalen Partei gar nicht stellt. Die SPD ist sich selbst zum Opfer gefallen.

Bei der Bundestagswahl verpassten die Wähler der SPD einen Denkzettel. Er galt nicht ihrer Regierungsleistung in der großen Koalition. Er war die Quittung für ihre Fehlleistungen in einigen Bundesländern und im Bundestagswahlkampf. Seit Schulz Gabriel ablöste, zerlegt sich die Partei Schritt für Schritt in ihre Bestandteile. Der Dilettantismus ist in der Partei auf dem Vormarsch. Er treibt sie in den Verfall.

Die Parteien und ihre Bundestagsabgeordneten tun sich schwer, ihren Daseinszweck zu erfüllen. Sie schaffen es bisher nicht, den Auftrag der Bundeswahl 2017 zu erledigen. Knapp vier Monate nach der Wahl hat Deutschland noch keine Regierung. Sie steht bestenfalls zu Ostern. Bis dahin wird ein Achtel der Legislaturperiode verstrichen sein, aus Sicht der Bürger völlig nutzlos.

Im Bundestagswahlkampf machte sich SPD-Chef Schulz lächerlich. Er kämpfte um die Kanzlerschaft, obwohl die SPD viel zu schwach war, den Kanzler zu stellen. Nach der Wahl sollte Schluss sein mit dem Selbstbetrug. Schulz verkündete, er führe die SPD, ihrer Schwäche Rechnung tragend, in die Opposition. Doch auch das schafft er nicht. Er ist gezwungen, die Partei an der Regierung zu beteiligen. Der Eindruck, er mache sich lächerlich, will nicht weichen.

Am 19. März wurde Martin Schulz mit 100 Prozent der Stimmen zum SPD-Chef gewählt. Damals ging es der SPD schlecht. Heute, acht Monate später, geht es der Partei noch schlechter. Die Wähler stutzten sie bei der Bundestagswahl im September auf 20,5 Prozent zurück. Sie verlor 20 Prozent ihrer Bundestagsmandate. Das reicht Schulz offenbar nicht. Seither veranstaltet er Bundeszauber und verspielt dabei seinen Kredit.

Der Wunsch der Wähler ist aus dem Resultat der Bundestagswahl nicht eindeutig abzuleiten. Sie legt zwei Koalitionen nahe: die Jamaika- und die große Koalition. Die SPD will nicht regieren. Deshalb handeln derzeit CDU, CSU, FDP und Grüne aus, ob sie regieren können. Über die Dauer der Sondierungsgespräche macht sich Unmut breit. Er stellt nicht in Rechnung, dass sie unter extremen Bedingungen stattfinden.

Die Unterhändler der vier Jamaika-Parteien sind nicht zu beneiden. Einerseits müssen sie dem Wahlergebnis und dem Verfall der SPD Rechnung tragen: Nur die vier Jamaika-Parteien können eine mehrheitsfähige Regierung bilden. Andererseits erwarten die Aktivisten dieser Parteien, dass Anliegen gerade ihrer Partei in der Jamaika-Koalition ungetrübt zum Ausdruck kommen. Beide Umstände sind unvereinbar.