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Bayern-Wahl

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Schrillen in der Union die Alarmglocken? Sie sollten es. CSU-Chef Söder meldet sich im Bundestagswahlkampf immer häufiger zu Wort, nicht als Kämpfer, eher als Trainer und Oberschiedsrichter. Das ist ein Grund zur Besorgnis. Mit Söders Wahlkampfkünsten hat die Union miserable Erfahrungen gemacht. Statt gegen die Konkurrenz zieht er immer wieder gegen Laschet und die Schwesterpartei CDU vom Leder. Bremst die Union Söder nicht, wird sie bald ihre führende Rolle an die Grünen verlieren.

Die Union erlebt eine Zeitenwende. 2018 gab Merkel den CDU-Vorsitz ab. 2021 wird sie das Kanzleramt freigeben. Wer wird sie beerben? Die Berichterstatter spekulieren, was die Phantasie hergibt. Dabei wissen sie sehr wohl, dass Mutmaßungen müßig sind. Gewissheit gibt es erst im Nachhinein. Sie wird sich schrittweise einstellen, mit der Wahl des CDU-Chefs im Dezember und der Bundestagswahl 2021. Was man heute kennt, ist der Kontext, in dem die Unionsparteien und ihre Kandidaten agieren.

Der frühere CSU-Chef Seehofer will sich nach Ablauf der Legislaturperiode ins Privatleben zurückziehen. Diese Entscheidung kommt für die Union fünf Jahre zu spät. Seit 2014 hat ihr Seehofer schwer geschadet. Er verschaffte der AfD und den Grünen zulasten der Union Aufwind. Sie ist dabei, ihre Rolle als führende Kraft an die Grünen zu verlieren.

Lange führte CSU-Chef Seehofer die Bundeskanzlerin Merkel Nasenring durch die Arena. Er stellte sie in der Flüchtlingspolitik bloß und meierte sie beim CSU-Parteitag Ende 2015 auf offener Bühne ab wie ein Schulmädchen. Kaum war er nun Innenminister geworden, stellte er der Kanzlerin ein Ultimatum, das auf ihren Sturz hinauslief. Mancher sah sie schon fallen. Inzwischen hat sich das Blatt gewendet. Nicht sie, sondern er droht aus der Bahn zu fliegen.

Politiker brauchen Resonanz. Bayerns Regierungs- und CSU-Chef Seehofer genießt sie reichlich. Kürzlich noch hob er die Differenzen zur CDU hervor und stellte die Union mit ihr infrage. Nun lobt er CDU-Chefin Merkel und sieht beide Parteien eng beieinander. Je näher die Bundestags- und die Bayernwahl rücken, desto klarer wird: Bei Seehofers Aktionen, die bundesweit für Gesprächsstoff sorgen, handelt es sich vor allem um bayerische Landespolitik.