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November 2017

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Im Bundestagswahlkampf machte sich SPD-Chef Schulz lächerlich. Er kämpfte um die Kanzlerschaft, obwohl die SPD viel zu schwach war, den Kanzler zu stellen. Nach der Wahl sollte Schluss sein mit dem Selbstbetrug. Schulz verkündete, er führe die SPD, ihrer Schwäche Rechnung tragend, in die Opposition. Doch auch das schafft er nicht. Er ist gezwungen, die Partei an der Regierung zu beteiligen. Der Eindruck, er mache sich lächerlich, will nicht weichen.

Am 19. März wurde Martin Schulz mit 100 Prozent der Stimmen zum SPD-Chef gewählt. Damals ging es der SPD schlecht. Heute, acht Monate später, geht es der Partei noch schlechter. Die Wähler stutzten sie bei der Bundestagswahl im September auf 20,5 Prozent zurück. Sie verlor 20 Prozent ihrer Bundestagsmandate. Das reicht Schulz offenbar nicht. Seither veranstaltet er Bundeszauber und verspielt dabei seinen Kredit.

Deutschlands Parteien stecken in der Krise. Das Ergebnis der Bundestagswahl im September hat sie überfordert. Sie haben sich bei der Regierungsbildung zur Lachnummer gemacht. Die meisten sind unfähig oder unwillig, das Land zu regieren. Auch das Lager der bürgerlichen Parteien versagt vor dieser Aufgabe. Dabei sind die Bedingungen zur politischen Gestaltung so gut wie nie und der Bedarf an politischer Gestaltung zu groß wie lange nicht mehr.

Der Wunsch der Wähler ist aus dem Resultat der Bundestagswahl nicht eindeutig abzuleiten. Sie legt zwei Koalitionen nahe: die Jamaika- und die große Koalition. Die SPD will nicht regieren. Deshalb handeln derzeit CDU, CSU, FDP und Grüne aus, ob sie regieren können. Über die Dauer der Sondierungsgespräche macht sich Unmut breit. Er stellt nicht in Rechnung, dass sie unter extremen Bedingungen stattfinden.

In der SPD machen sich Gepflogenheiten breit, die an schlecht geführte Hobbyvereine erinnern. Die Partei beschäftigt sich fast nur noch mit sich selbst. Sie befasst sich mit Sachverhalten, die außerhalb ihres Umfelds kaum von Belang sind. Die Führungsspitzen tragen ihre Differenzen öffentlich aus. Ihr Gerede fördert die Überzeugung: In der SPD haben Schwadroneure das Ruder übernommen.

Über die Probleme, eine Jamaika-Koalition zu bilden, geraten die Schwierigkeiten der Oppositionsparteien ein wenig aus dem Blick. SPD, Linke und AfD sind in sich zerstritten. In allen drei Parteien kämpfen verschiedene Lager gegeneinander (siehe: hier, hier und hier). Vermutlich kommt eher eine Jamaika-Koalition zustande, als dass die Opposition funktionsfähig wird.

Die Unterhändler der vier Jamaika-Parteien sind nicht zu beneiden. Einerseits müssen sie dem Wahlergebnis und dem Verfall der SPD Rechnung tragen: Nur die vier Jamaika-Parteien können eine mehrheitsfähige Regierung bilden. Andererseits erwarten die Aktivisten dieser Parteien, dass Anliegen gerade ihrer Partei in der Jamaika-Koalition ungetrübt zum Ausdruck kommen. Beide Umstände sind unvereinbar.

Horst Seehofer ist am Ende. Dass es so weit kommen würde, müsste eigentlich jedem klar sein, der den EU-Wahlkampf 2014 miterlebte. Damals machte Seehofer gegen Europa mobil. Er besorgte das Geschäft der AfD. Prompt verlor die CSU drei von acht Mandaten. Die AfD sprang von null auf 7,1 Prozent. Seehofer bot postwendend seinen Rücktritt an. Doch niemand in der CSU ging darauf ein. Er blieb, was er war. Seither aber wackelt er. Seither versucht er, sich über die Runden zu retten.

Den Zuschauern der Koalitionsgespräche kann man nur raten: Nehmen Sie wahr, was gesagt wird, doch nehmen Sie bloß nicht alles ernst. Die Erfahrung lehrt: Rund um solche Veranstaltungen dreschen Politiker jede Menge leeres Stroh. Mit dieser Tätigkeit versuchen vor allem ambitionierte Drittchargierte, sich aufzuplustern. Diejenigen, die zu entscheiden haben, halten – meistens – ihren Mund, bis die Dinge spruchreif sind.