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Dezember 2015

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Deutschland hat es gut. Es hat mit Merkel (CDU) eine Kanzlerin, mit Gabriel (SPD) einen Vizekanzler – und seit Neuestem sogar einen Schattenkanzler, der auch den Schattenoppositionschef gibt. In diese Doppelrolle arbeitet sich gerade Bayerns Ministerpräsident Seehofer (CSU) ein. Er ist dabei, die Position seiner Koalitionspartnerin Merkel in Deutschland und Europa zu untergraben.

Kann man Glückspilz und Unglücksrabe zugleich sein? Ja. Düsseldorfs Oberbürgermeister Geisel (SPD) beweist es. Der frühere E.on-Manager rutschte in die Politik, als der Konzern begann, Stellen im Management zu streichen. Glück für Geisel: Statt möglicherweise mit einer Abfindung auf der Straße zu stehen, sitzt er nun im Rathaus.

Die möglichen Spitzenkandidaten von Union und SPD für die Bundestagswahlen 2017 haben es schwer. Sie SPD beschädigte ihren Chef Gabriel mit einem schlechten Wahlresultat. CSU-Chef Seehofer bürstete Kanzlerin Merkel auf dem CSU-Parteitag wie ein Schulmädchen ab, das seine Hausaufgaben nicht gemacht hat. Schafft es Gabriel, Kanzlerkandidat zu werden? Wird Merkel seine Gegnerin?

Drei Themen haben den Menschen in Deutschland 2015 bewusst gemacht, dass Europa kein Ort der Beschaulichkeit ist: die Griechenland-Krise, der Terror und die Zuwanderung. Sie sind Teil eines größeren Problems. Hinter ihnen verbirgt sich die Frage, was aus Europa werden soll und wie die Europäer leben wollen.

Wie oft wurde Merkels Absturz vorhergesagt? Zum ersten Mal vor ihrer ersten Wahl zur CDU-Chefin auf dem Parteitag 2000 in Essen. Danach immer wieder, manchmal mehrmals pro Jahr. Und obwohl sich die Prophezeiungen stets als falsch erwiesen, wurden sie erneuert – mit dem gleichen Resultat, von den gleichen Propheten. Obwohl sie sich ständig täuschen, fragen sie nicht, warum.

In der CDU und der SPD sind die Parteichefs unter Kritik geraten. Auf den ersten Blick vermitteln die Kontroversen den Eindruck, als stünde nur Merkels und Gabriels Autorität auf dem Spiel. Bei den Konflikten über sie und ihre Politik geht es aber auch um das Machtgefüge in beiden Parteien. Gleichzeitig findet in und zwischen beiden Parteien schon der Kampf um die beste Ausgangslage für die Bundestagswahl 2017 statt.

In Köln ist ein Macht- und Politikwechsel zu beobachten, weg von Rot-Grün, hin zu Schwarz-Grün. Bei der Kommunalwahl 2014 war die SPD erneut stärkste Kraft im Rat geworden. Doch Fraktionschef Börschel und Parteichef Ott spielten ihre Partei mit kapitalen Fehlern ins Abseits. Nun gerade beschlossen CDU und Grüne, über ihre Kooperation zu verhandeln. Diese Aussicht beflügelt die Fantasie, auch nach der Landtagswahl 2017 könnte Rot-Grün Schwarz-Grün zustande kommen.

Der tagelange Medienrummel um die Erklärung der Angeklagten Zschäpe ist kaum zu verstehen. So wenig wie die Enttäuschung, die nach ihrer Erklärung um sich griff. Als wäre von Zschäpe anderes zu erwarten gewesen. Diese Frau zog zehn Jahre lang mit ihren Spießgesellen durchs Land. Sie hinterließen eine breite, blutige Spur. Träfe Zschäpes Behauptung zu, sie habe mit den Morden nichts zu tun gehabt und sei über sie entsetzt gewesen, hätte sie dem Treiben ein Ende setzen können.

Ist die SPD noch zu retten? Diese Frage stellt sich ihr offenbar nicht. Das lassen die Schlagzeilen vermuten, die sie vor ihrem Parteitag produzierte. Obwohl die Partei schrumpft, möchte die Wortführerin der SPD-Frauen, Elke Ferner, den Funktionärsapparat aufblasen. Sie fordert die Doppelspitze für SPD-Führungsposten.