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Oktober 2014

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Plötzlich, aber nicht unerwartet, ist das politische Kampfblog „Wir in NRW“ verschieden. Es ging vor einem Monat sang- und klanglos aus dem Netz. Es trug seinen Namen nach einer Wahlkampf-Parole, mit der in den 80-er Jahren SPD-Ministerpräsident Rau absolute Mehrheiten gewann. 2009/2010 spielte das Blog beim Sturz von CDU-Ministerpräsident Rüttgers eine Rolle. Danach trat es kaum noch in Erscheinung.

Wer sagt denn, dass NRW keine Superlative vorzuweisen habe? Bisher tat sich das größte Bundesland vor allem als einer der größten Schuldner der Republik hervor. Nun stellt sich heraus, dass die NRW-Regierung auf einem riesigen Kunstschatz sitzt. Ihn häufte ausgerechnet jene Landesgesellschaft an, die für Spielbanken zuständig ist.

Der NRW-Flüchtlingsgipfel belegt Defizite der Politik. Es handelt sich weniger um Versäumnisse als Unterlassungen. Seit Langem erleben Flüchtlinge, wie ihre Probleme wachsen. Der Politik fiel es leicht, sie zu verdrängen. Wie so oft reagierte sie erst, als die Probleme eskalierten und sich zum Skandal auswuchsen. Nun läuft sie ihren Fehlern hinterher. Kein Wunder, dass sie an Ansehen verliert.

An ihrer Haushaltspolitik hat die NRW-Regierung immer weniger Freude. Während für andere Länder die Schuldenbremse 2020 in greifbare Nähe rückt, entfernt sich NRW von ihr. In diesem Jahr wollte Finanzminister Walter-Borjans weniger Schulden machen. Doch dann riss er zwei Löcher in den Etat. Er schätzte die Steuereinnahmen zu optimistisch ein. Außerdem erwies sich sein Konzept, bei den Beamtengehältern zu sparen, als verfassungswidrig.

Die NRW-Grünen erwecken den Eindruck, als könnten sie den nächsten Landtagswahlkampf gar nicht mehr abwarten. Kürzlich legten sie sich fest, die Koalition mit der SPD fortzusetzen, sage und schreibe zweieinhalb Jahre vor der Wahl. Welchem Zweck dient die frühe Festlegung? Ist sie Teil eines internen Konflikts? Will die linke Mehrheit der NRW-Grünen verhindern, dass der Landesverband über die Öffnung zur Union diskutiert?

NRW-Innenminister Jäger (SPD) ist für die Verletzung von Menschenrechten verantwortlich. Unter seiner Aufsicht wurden Flüchtlinge drangsaliert. Die Schandtaten wurden sogar organisiert – in einem Raum, den die Täter als Friseursalon tarnten. Politiker, Beamte und Medien nennen ihn verharmlosend Separations- oder Problemraum. Tatsächlich handelte es sich um eine Misshandlungszelle. Sie wurde aus Steuern finanziert.

Die rot-grüne NRW-Koalition hat fast die Hälfte der 16. Wahlperiode hinter sich. Ministerpräsidentin Kraft kündigte an, sie werde 2017 erneut kandidieren. Zwei gute Gründe, eine Zwischenbilanz zu ziehen. Der Befund fällt nicht schwer. Seit der Landtagswahl 2012 hat die Regierung Kraft kaum etwas Zukunftsweisendes zustande gebracht. Es wird nicht sichtbar, in welche Richtung Kraft das Land führen will.

Bis zum Ende der Sommerferien konnte der Duisburger SPD-Politiker Ralf Jäger glauben, er sei auf dem Anstieg zu einer großen Karriere. Die FAZ hatte den NRW-Innenminister zum wichtigsten Innenpolitiker seiner Partei ernannt. Er wurde als Nachfolger von Ministerpräsidentin Kraft gehandelt. Nun, wenige Wochen später, steht er mit dem Rücken zur Wand. Er hat sich und seine Partei bloß gestellt. Sogar von Rücktritt ist die Rede.