Nun geht es ganz schnell. Monate lang ließen sich NRW-Ministerpräsidentin Kraft, ihr Finanzminister Walter-Borjans und die rot-grüne Koalition verprügeln, weil sie einem Teil der Beamten die Tariferhöhung vorenthielten. Dann fuhr das Verfassungsgericht der Regierungschefin in die Parade und erklärte ihre Operation für verfassungswidrig. Nun biegt Kraft kleinlaut bei.

Die Neuverschuldung steigt

Die Beförderungssperre, mit der sie und Walter Borjans auf das Urteil des Verfassungsgerichts reagierten, soll aufgehoben werden. Das Tarifergebnis für die Angestellten des öffentlichen Dienstes soll dem Vernehmen nach für alle Beamten übernommen werden. Im Gespräch ist eine Sondersitzung des Kabinetts, bei der diese Entscheidungen festgeklopft werden sollen.

Kurz nach den Sommerferien soll der Finanzminister das Konzept für einen Nachtragshaushalt präsentieren, über den die beträchtlichen Kosten der Nullrunden-Korrektur finanziert werden sollen.

Der Nachtrag wird die Neuverschuldung des Landes noch stärker in die Höhe treiben und die ohnehin sehr angespannte Finanzlage des Landes weiter belasten. Im ersten Halbjahr 2014 gab NRW 2,5 Milliarden Euro mehr aus, als es einnahm. Ohne das hohe NRW-Defizit hätten alle anderen Länder gemeinsam einen fast ausgeglichenen Finanzierungssaldo erreicht.

Kürzen wird immer heikler

Das Verfassungsgerichtsurteil und die nun absehbare Korrektur der Nullrunde markieren eine beispiellose politische Bauchlandung der Ministerpräsidentin. Sie wollte mit der Nullrunde für einen Teil der Beamten die Ausgaben des Landes senken. Dieser Plan ist vollständig gescheitert. Kraft handelte sich, der SPD und der Koalition einen beträchtlichen Verlust an Ansehen und Loyalität in der Beamtenschaft ein.

Statt der erhofften Einsparungen muss Kraft das Land weiter verschulden, um ihren Fehler auszubügeln. Damit wird es für sie immer schwerer, die Schuldenbremse 2020 zu erreichen. Um sich dem Ziel zu nähern, wird sie kaum umhin kommen, für die nächsten Haushalte des Landes intensiver und umsichtiger als bisher nach Sparmöglichkeiten zu suchen. Bisher gründete Kraft ihre Politik auf Ausgaben. Nun wird sie wohl ihren Kurs korrigieren müssen.

Diese Suche nach Sparmöglichkeiten wird zunehmend heikel, weil die Sparmaßnahmen mit den für die Regierung unerfreulichen Begleiterscheinungen wie Demonstrationen und andere Proteste immer näher an die nächste Landtagswahl 2017 rücken und den Wahlerfolg der Koalitionspartner gefährden können. – Ulrich Horn


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4 Comments

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  3. Bund, Länder und Gemeinden leiden nicht unter zu hohen Ausgaben, sondern unter massiven Einnahmensverluste, verursacht durch den damaligen SPD-Kanzler Schröder und seinen Steuergeschenken an die deutschen Unternehmer.
    Das weiß auch Hannelore Kraft, die ja die Agenda 2010 immer noch verteidigt und lediglich symbolische Korrekturen befürwortet.
    Lieber will sie die Arbeitnehmerschaft an den Spartropf hängen, als in Ihrer Partei für eine Reichensteuer zu kämpfen.

  4. Ich finde es zu kurz gegriffen, wenn man das nordrhein-westfälische Politikversagen immer nur an der aktuellen MP und ihrem Finanzminister festmacht. Zwar tragen beide eine Hauptverantwortung für die Verfassungsbrüche der letzten Jahre, aber die Grünen sind hier keineswegs das Opfer, das für die Fehler des Koalitionspartners mit haften muss. Nein, sie sind selbst treibende Kraft. Für Frau Löhrmann zumindest ließe sich dies jedenfalls bis ins Jahr 2003 zurück nachweisen.

    Es mag sein, dass die Entscheidung für den jüngsten verfassungswidrigen Eingriff in die Beamtenbesoldung zunächst in einem sehr kleinen Kreis gefallen ist. Damit daraus ein Gesetz werden konnte, mussten aber die übrigen Mitglieder des Kabinetts mitziehen. Schließlich mussten auch alle MdL der Regierungsfraktionen das eindeutige Ergebnis der Expertenanhörung ignorieren und ihren Fraktionsvorsitzenden auf dem Weg in den offenen Verfassungsbruch Folge leisten.

    Der unserem Land zugefuegte Schaden ist in der Tat enorm – politisch, moralisch, rechtlich und finanziell. Woher soll ich nun den Optimismus nehmen zu hoffen, dass unser politisches Spitzenpersonal in der Lage sein könnte, die über Jahrzehnte hinweg angehäuften Probleme zu bewältigen?

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